Jobcenter kann zum Ausfallbürgen für kaputte Brillengläser werden
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Gesicht eines Mannes mit Brille
Essen (epd).

Das Jobcenter kann als Ausfallbürge für Leistungen herangezogen werden, wenn ein bestehender medizinischer Bedarf von der Krankenkasse nicht gedeckt ist. Im konkreten Fall entschied das Landessozialgericht in Essen laut einer Mitteilung von Montag, dass das Kölner Jobcenter einer Bürgergeldbezieherin den Austausch von Brillengläsern zahlen muss, nachdem die Brille bei einem Sturz beschädigt worden war (AZ: L 12 AS 116/23). Allerdings muss das Jobcenter lediglich die Kosten für deutlich günstigere Gläser übernehmen.

In der Vorinstanz hatte das Sozialgericht Köln den Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme durch das Jobcenter abgewiesen. Dagegen war die Brillenträgerin in Berufung gegangen.

Die Bürgergeldbezieherin hatte den Angaben nach im Jahr 2019 eine Gleitsichtbrille gekauft. Ein Jahr darauf wurden die Gläser bei einem Sturz beschädigt. Den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für zwei neue Brillengläser in derselben Sehstärke, aber in hoher Materialqualität in Höhe von 780 Euro lehnte das beklagte Jobcenter ab. Das Landessozialgericht verurteilte das Jobcenter nun zur Übernahme der Kosten neuer Gläser, allerdings aus Standardmaterial, in Höhe von 256 Euro.

Grundsätzlich seien die Reparaturkosten einer Brille nicht vom Regelbedarf der Bürgergeldleistungen umfasst, erläuterten die Richter des Landessozialgerichts. Bedarfe für die Reparatur von therapeutischen Geräten würden laut Sozialgesetzbuch II gesondert erbracht.

Das Landessozialgericht machte allerdings deutlich, dass es einen Anspruch auf Kostenübernahme gegen die Krankenversicherung gegeben hätte. Doch habe die Klägerin nicht vorab mit der Kasse geklärt, welche Sachleistung in diesem Fall hätte übernommen werden können. Stattdessen habe sich die Klägerin hochwertige Gläser selbst gekauft und erst im Nachgang per Rechnung eine Kostenerstattung zu erreichen versucht. Durch die Nichteinhaltung des Beschaffungsweges sei der ansonsten vorrangige Anspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung ausgeschlossen, erläuterten die Richter.

Das Landessozialgericht urteilte dennoch, dass eine ausreichende medizinische Versorgung sichergestellt werden muss. Da gegen die Krankenkasse kein Anspruch mehr gestellt werden könne, muss ein anderer Träger die Kosten für die Bürgergeldbezieherin übernehmen. Die Stellung des Jobcenters Köln als Grundsicherungsträger als „Ausfallbürge“ komme nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dann in Betracht, wenn es keine anderen gesetzlichen Wege gibt, das menschenwürdige Existenzminimum zu gewährleisten. Copyright epd-bild/Norbert Neetz