Ausstellung zu Barbara Hepworth: Von der Figur zur Abstraktion
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Picasso-Museum würdigt Künstlerin Barbara Hepworth
Münster (epd).

Die 1975 im Alter von 72 Jahren verstorbene Barbara Hepworth zählt bis heute zu den einflussreichsten Bildhauerinnen Englands. Für Markus Müller, Leiter des Picasso-Museums in Münster, ist sie sogar „die Grande Dame der britischen Moderne“. Deshalb widmet er ihr jetzt eine große Einzelausstellung. Unter dem Titel „Barbara Hepworth - Art & Life“ sind rund 90 Skulpturen, Gemälde, Zeichnungen, Drucke und Entwürfe aus über fünf Jahrzehnten Schaffenszeit zu sehen.

Hepworths Bedeutung für die internationale Avantgarde geht im Wesentlichen auf ihre Fähigkeit zurück, natürliche Formen mit abstrakter Komposition zu vereinen. Zudem war sie eine Frau, die die engen Grenzen gesellschaftlicher Rollenbilder aufbrach. Als Mutter von vier Kindern musste sie ihr künstlerisches Schaffen mit ihren familiären Verpflichtungen in Einklang bringen - etwas, das in ihrer Zeit alles andere als einfach war.

„Zutiefst spiritueller Mensch“

„Barbara Hepworth hatte eine einzigartige künstlerische Vision, die eine eingehende Betrachtung erfordert“, sagt Eleanor Clayton vom Kunstmuseum The Hepworth Wakefield im britischen Yorkshire, das die Ausstellung mit organisiert hat. „Als zutiefst spiritueller Mensch, der sich leidenschaftlich mit den politischen, sozialen und technologischen Debatten des 20. Jahrhunderts auseinandersetzte, war Hepworth davon besessen, wie die physische Begegnung mit der Skulptur den Betrachter beeinflussen und seine Wahrnehmung der Welt verändern konnte“, erläutert Clayton.

Die Ausstellung, die bis zum 8. März in Münster zu sehen ist, bereitet ihr Schaffen auf: von den modernistischen Skulpturen, mit denen Hepworth in den 1920/30er Jahren ihre Karriere begründete, über die ikonischen „String Pieces“ der 1940/50er Jahre bis zu späteren großformatigen Auftragsarbeiten. Deutlich wird dabei, wie die Künstlerin auch Musik, Tanz, Wissenschaft, Weltraumforschung, Politik und Religion sowie Ereignisse aus ihrem persönlichen Leben in ihr Werk integrierte.

Kontakt zur Pariser Avantgarde in den 1930er Jahren

Der Rundgang beginnt mit einer Übersicht über Hepworth’ Formensprache. Unterschieden werden stehende Form, Zweierform und geschlossene Form. Während die stehende Form das Verhältnis von Mensch und Landschaft ausdrückt, geht es in der Zweierform um die Beziehung zweier Menschen zueinander. Die geschlossene Form schließlich - meist oval, kugelförmig oder auch durchbrochen ausgeführt - thematisiert Umarmungen oder enge Verbindungen wie beispielsweise die von Mutter und Kind.

Gut nachvollziehen lässt sich dabei der künstlerische Übergang vom Figürlichen zum Abstrakten. So zeigt die „Knieende Figur“ von 1932 im Kern noch eine deutlich realistische Form. Die Skulptur „Kugel, Ebene und Loch“ von 1936 hingegen folgt dann schon einer rein abstrakten Formensprache. Hepworth hatte sich in dieser Zeit mit dem britischen Maler und Objektkünstler Ben Nicholson zusammengetan und durch ihn die Pariser Avantgarde kennengelernt.

Inspiriert von der Mondlandung 1969

Musik und Tanz bestimmen die Werke der britischen Künstlerin aus den 1950/60er Jahren, während sie in den 1970ern mit neuen Materialien und Techniken zu experimentieren begann. Großen Einfluss auf ihre Arbeiten hatte auch die Mondlandung 1969, das ihr Interesse für den Weltraum und die christliche Wissenschaft verstärkte, der zufolge eine göttlicher Geist herrsche, dessen Symbol die Kugel ist. So schrieb sie 1965 in einem Artikel für den „Christian Science Monitor“: „Eine Skulptur sollte ein Akt der Lobpreisung und ein bleibender Ausdruck des göttlichen Geistes sein.“ Hepworth starb im Mai 1975 bei einem Brand in ihrem Studio in St. Ives in Cornwall, wo sie seit 1939 gelebt und gearbeitet hatte.

Von Helmut Jasny