Präses Ruck-Schröder wirbt für kirchlichen Kulturwandel
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Landessynode der westfälischen Kirche tagt in Bielefeld
Bielefeld (epd).

Den Haushalt sanieren, Altes lassen und Neues ausprobieren: Die Evangelische Kirche von Westfalen hat am letzten Tag ihrer Herbstsynode Weichen für einen tiefgreifenden Umbau gestellt. Das Kirchenparlament brachte am Mittwoch in Bielefeld Haushaltskürzungen in zweistelliger Millionenhöhe auf den Weg. Präses Adelheid Ruck-Schröder stimmte auf einen Kulturwandel ein. „Wenn wir Nähe und Gemeinschaft vor Ort erhalten wollen, dann können wir nicht am Status quo festhalten“, sagte die leitende Theologin der viertgrößten Landeskirche mit knapp 1,9 Millionen Mitgliedern.

Nach dem von der Landessynode beschlossenen Haushaltssicherungskonzepts sollen die Ausgaben der westfälischen Kirche bis 2028 dauerhaft um 28,2 Millionen Euro gesenkt werden. Dies sei der Einstieg in eine Konsolidierung der Finanzen und in einen Prozess zur Transformation der Landeskirche, sagte der Vorsitzende des Finanzausschusses, Wilfried Koopmann. Nötig seien nun Aufgabenklärung und Priorisierungen.

Relevanzverlust und neue Bedeutung

Die Synode verabschiedete auch den Haushalt für 2026. Danach wird die Landeskirche mit einem Gesamt-Etat von knapp 400 Millionen Euro wirtschaften. Aus Kirchensteuern erwartet die westfälische Kirche kommendes Jahr Netto-Einnahmen von rund 555 Millionen Euro. Die 26 Kirchenkreise und 422 Gemeinden erhalten davon 318 Millionen Euro. Die landeskirchliche Ebene bekommt für ihre unmittelbaren Aufgaben 45,9 Millionen Euro. Für die Altersvorsorge und Gesundheits-Beihilfe der Pfarrer und Kirchenbeamten fließen 35 Millionen Euro zusätzlich zu den üblichen Beiträgen.

Ruck-Schröder verwies auf den gesellschaftlichen Relevanzverlust von Kirche. Die Frage sei daher: „Wie können wir mit weniger finanziellen und personellen Ressourcen neue Relevanz generieren und die Relevanz, die wir haben, sichtbar machen?“ Nötig sei eine Kultur des Lassens von Dingen, „die nicht mehr in unsere Zeit passen“. Zugleich brauche es bei der Entwicklung von Neuem mehr „Laboratorien, in denen wir Dinge ausprobieren“. Mehr Freiheit und Innovation sollen eine geplante Änderung der Kirchenordnung und mehrere „Erprobungsgesetze“ bringen.

Kirchenasyl verteidigt

Beim Thema Missbrauch informierte der Theologische Vizepräsident Ulf Schlüter darüber, dass 2024 über 60 neue Verdachtsfälle gemeldet wurden, das sei ein „erheblicher Anstieg“. Ein Grund sei die Veröffentlichung der ForuM-Studie über sexualisierte Gewalt Anfang 2024. In diesem Jahr sank die Zahl auf weniger als 30.

Ein Hauptthema der viertägigen Beratungen war das Thema Rassismus. In diesem Bereich sollen Kompetenzen durch Schulungen und fachliche Beratung gestärkt werden. Auch in der Theologie soll das Thema aufgenommen werden.

In weiteren Beschlüssen zu politischen Themen verteidigte das Kirchenparlament das Kirchenasyl. Es sei im Sinne der Wahrung internationaler Menschenrechte ein legitimes Mittel. Geklärt werden soll der Umgang mit Mitgliedern und Funktionären der AfD, insbesondere wenn sie in kirchlichen Leitungsorganen und Arbeitsfeldern mitwirken. Bekräftigt wurde das Ziel, bis 2035 zum Schutz des Klimas Netto-Treibhausgasneutralität zu erreichen.

Viel Beifall spendeten die mehr als 150 Synodalen der neuen Präses Ruck-Schröder, die erstmals die Landessynode leitete. Stehende Ovationen erhielt der im Frühjahr scheidende Theologische Vizepräsident Ulf Schlüter, der dieses Spitzenamt seit 2018 bekleidet und nach dem Rücktritt von Annette Kurschus im November 2023 das vakante Präses-Amt bis Juni 2025 kommissarisch übernommen hatte.

Von Ingo Lehnick