
Die Aussicht von oben, Abkühlung an heißen Tagen, Kunstschätze und Erholung für Radfahrerinnen und Pilger: Auch außerhalb von Gottesdiensten haben Kirchen viel zu bieten. Fünf Gründe, warum es sich lohnen kann, im Urlaub in eine Kirche zu gehen:
* AUSBLICK: Mit 161,53 Metern hat das Ulmer Münster den höchsten Kirchturm Deutschlands. Weltweit wird nur ein Turm der Sagrada Familia in Barcelona ihn noch überragen, wenn dieser erst einmal fertig gebaut ist. Immerhin bis zu einer Plattform in 102 Metern Höhe kann das Ulmer Bauwerk nach Angaben der Kirchengemeinde erklommen werden. Das Münster ist auch die größte Kirche in Deutschland.
Nordrhein-Westfalens höchster Kirchturm ist mit 157,4 Metern am Kölner Dom zu finden. Besucherinnen und Besucher müssen 533 Stufen erklimmen, um die Aussichtsplattform in etwa 100 Metern Höhe zu erreichen. Von dort sind ein Rundblick auf die Innenstadt, den Rhein und die Kölner Umgebung zu sehen.
* ABKÜHLUNG: Die dicken Mauern alter Kirchen bieten an heißen Sommertagen Abkühlung. Im katholischen Dom in Hildesheim etwa liegt die Temperatur laut Weihbischof Heinz-Günter Bongartz noch bei angenehmen 20 Grad, wenn draußen bereits die 35-Grad-Marke erreicht wird. Besonders kühl ist es zumeist in einer Krypta, die unterirdisch liegt. Mancherorts sind die Kirchen bereits Teil der Hitzeschutzpläne der jeweiligen Stadt. Sie bieten nicht nur für Touristen Erfrischung, sondern auch Wohnungslosen, für die sie bei Bedarf auch Trinkwasser bereithalten.
- MUSIK: Im Sommer laden Kirchen vielerorts zu Konzerten ein, die oft auch kostenlos sind, beispielsweise in Osnabrück beim „Orgelsommer“ noch bis Anfang August jeweils dienstagabends in den Innenstadtkirchen. Auch außerhalb größerer Städte lohnt sich ein Blick auf die Internetseiten örtlicher Kirchengemeinden.
Beliebt sind im Sommer Kurzformate, wie die „10 sommerlichen Orgelmusiken“, die in Bremerhaven samstags ab 12 Uhr in die Bürgermeister-Smit-Gedächtniskirche einladen. In der Elbestadt Tangermünde in Sachsen-Anhalt kommen Organistinnen und Organisten aus dem In- und Ausland zwischen Mai und Ende Oktober jeweils samstags in die St. Stephanskirche. Sie spielen bei freiem Eintritt um 17 Uhr eine halbe Stunde auf der berühmten Scherer-Orgel aus dem Jahr 1624.
- RAST für RADLER und PILGERINNEN: Entlang der Radwanderwege gibt es in Deutschland mehrere Hundert Kirchen, die als Radwegekirchen gekennzeichnet sind. In der Schweiz heißen sie Velowegkirchen. Dort sind zumeist auf dem Vorplatz Tische und Bänke für eine Rast aufgestellt und sie bieten Trinkwasser und Toiletten sowie Infos über die nächstgelegene Pannenhilfe. Einige leisten auch Erste Hilfe - für Rad und Mensch: Sie halten Flickzeug oder Pflaster bereit oder geben - wie die Marienkirche in Gimte am Weserradweg - den Radelnden Segensworte mit auf den Weg.
Entlang von Pilgerwegen öffnen ebenfalls Kirchen als Ruhepole für die Wandernden, wie am Pilgerweg von Loccum in Niedersachsen ins thüringische Volkenroda. Wie die Radwegekirchen sind auch die Pilgerkirchen extra beschildert. Die meisten Gemeinden haben in den Gotteshäusern Orte der Stille eingerichtet. Dort können Menschen Kerzen anzünden und damit ihren Wünschen und Gebeten Ausdruck verleihen.
* KUNST: Auch wer nicht religiös ist, kann in mächtigen Kathedralen berührt werden, wie in denen in Köln und Speyer, die wie das Ensemble des Hildesheimer Domes und der evangelischen St. Michaeliskirche zum Weltkulturerbe gehören. Dass Menschen über Jahrhunderte hinweg in ihnen gebetet haben, ist in manchen Kirchen spürbar - etwa beim Gang über ausgetretene Steinböden oder über knarzendes Holz.
In Kirchen sind Kunstwerke zu bestaunen, die teils Weltruhm genießen. Das gilt nicht nur in Italien, mit der Kunst von Michelangelo, Giotto oder Piero della Francesca. Auch in Deutschland spiegeln Werke Glaubenszeugnisse aus vielen Jahrhunderten wider, vom Marienaltar von Tilman Riemenschneider (1460-1531) in Creglingen bis zum modernen Glasfenster von Gerhard Richter im Kölner Dom. Manche bergen Stoff für Diskussionen wie das Reformationsfenster von Markus Lüpertz in der Marktkirche in Hannover, das neben Martin Luther fünf dicke schwarze Fliegen zeigt.