
Der Aachener Friedenspreis geht in diesem Jahr an eine studentische Medienplattform im Iran und ein Festival gegen Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern. Der „Amirkabir Newsletter“ vernetze Proteste und dokumentiere Repressionen gegen Studierende und Lehrende an iranischen Hochschulen, teilte der Friedenspreis-Verein am Donnerstag in Aachen mit. Das Ehepaar Lohmeyer aus dem nahezu vollständig von Neonazis übernommenen Dorf Jamel in Mecklenburg-Vorpommern organisiere dort jährlich das Festival „Jamel rockt den Förster“. Die Auszeichnung wird am 1. September in der Aula Carolina verliehen.
Der „Amirkabir Newsletter“ sei Ende der 1990er Jahre zunächst als Mitteilungsblatt Studierender der Amirkabir-Universität in Teheran erschienen und habe seine Reichweite dann durch das Internet erweitert, hieß es. Bis zur Sperrung der Website 2009 habe die Medienplattform unter anderem über Menschenrechtsverletzungen, Aktionsaufrufe und Studentenproteste berichtet. 2015 habe der Newsletter seine Aktivitäten in Form eines Telegram-Kanals und weiterer Social-Media-Präsenzen wieder aufgenommen. Mehrfach seien Redaktionsmitglieder entführt, verhaftet und verurteilt worden.
Der Friedenspreis-Verein würdigte den Mut der Redaktion, die wegen zahlreicher Repressionen im Verborgenen arbeiten müsse. Die Publikation sei ein wichtiges Informationsmedium und eine unerlässliche Vernetzungsplattform für eine Protestbewegung, die weitgehend anonym im Untergrund organisiert sei.
Das Ehepaar Birgit und Horst Lohmeyer stelle sich mit ihrem seit 2007 jährlich organisierten Musikfestival „Jamel rockt den Förster“ trotz zahlreicher Bedrohungen und Angriffe gegen den Rechtsextremismus vor ihrer Haustür, hieß es. Nachdem sie 2004 den Forsthof in Jamel im Wismarer Umland übernommen hatten, hätten sie festgestellt, dass immer mehr Familien aus der rechtsradikalen Szene in den Ort zogen. Um der Vereinnahmung ihres Dorfes etwas entgegenzusetzen, starteten sie mit dem Festival.
Nach einem schweren Brandanschlag auf das Gelände 2015, dem beinahe auch das Wohnhaus zum Opfer gefallen sei, habe die Veranstaltung massiv an Popularität gewonnen und zähle inzwischen mehr als 3.500 Besucher. Neben Musik mit bekannten Bands umfasst das Programm nun auch Workshops und Informationsangebote. Aktuell liegen die Veranstalter in einem Rechtsstreit mit der Gemeinde, die in diesem Jahr erstmals ein Nutzungsentgelt für das Festivalgelände verlangt. Einen Eilantrag dagegen wies das Verwaltungsgericht Schwerin ab (AZ: 3 B 1317/25 SN).
Der Friedenspreis-Verein würdigte das Ehepaar Lohmeyer als Verteidiger von Demokratie und Frieden und Vorbild: „Trotz Widerstands und täglicher Bedrohung geben sie ihren Raum nicht auf und bleiben standhaft.“ Das persönliche Risiko, das sie eingingen, verdiene „höchste Anerkennung“.
Der Aachener Friedenspreis zeichnet seit 1988 jährlich Menschen und Gruppen aus, die an der Basis und oft aus benachteiligten Positionen heraus für Frieden und Verständigung arbeiten. Wer den mit jeweils 2.000 Euro dotierten Preis erhält, entscheidet die Mitgliederversammlung des Vereins.