Die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen (KVT) hat am Montag in Gräfentonna im Unstrut-Hainich-Kreis ihre 20. Stiftungspraxis eröffnet. Ziel des Modells sei es, niederlassungswilligen Medizinerinnen und Medizinern durch eine Anstellung für einen begrenzten Zeitraum über eine verbandseigene Stiftung den Berufsstart zu erleichtern, sagte die KVT-Vorsitzende Annette Rommel vor Ort. Stiftungspraxen seien das Herzstück der Niederlassungsförderung im Freistaat.
Laut Rommel können Stiftungspraxen den Medizinern auf diese Weise die Scheu vor den finanziellen Risiken einer Niederlassung nehmen. Ziel sei der Verkauf der Praxis zu einem späteren Zeitpunkt an die bis dahin angestellten Ärztinnen und Ärzte. Über die damit erzielten Einnahmen, Fördermittel des Freistaats Thüringen sowie Gelder von Krankenkassen und KVT könnten weitere Praxen eröffnet werden. Hierbei sei zu beachten, dass die Gelder für das Programm letztlich in Teilen aus dem Honorarbudget der Thüringer Ärzteschaft stammten. Die Standorte müssten daher sehr sorgfältig in Gebieten mit Ärztemangel ausgewählt werden.
Die aus Erfurt stammende Ärztin Stefanie Gerlach sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), ohne die Stiftung hätte sie sich vermutlich erst in einigen Jahren für den Weg in eine Niederlassung entschieden. Dabei spüre sie den Patientenwunsch, dass möglichst junge Ärzte Praxen eröffneten, weil dadurch die Versorgung über Jahrzehnte hinweg an den Standorten gesichert erscheine. Gerlach sagte, neben den finanziellen Entlastungen durch den Eintritt in eine Stiftungspraxis sei die Beratung und organisatorische Begleitung in der Existenzgründungsphase eine wertvolle Unterstützung für die Mediziner.
Nach Angaben der KVT übernimmt die Stiftung nicht nur die Kosten für Ausstattung und Einrichtung der Praxen, sondern trage auch Anfangsverluste an den Standorten. Kaum eine neu gegründete Praxis arbeite vom ersten Tag an kostendeckend. Seit dem Start des Modells 2009 seien von 20 Praxen bislang elf Einrichtungen in private Hände gewechselt. Acht Praxen betreibe die Stiftung aktuell selbst. In zwei Fällen sei die Gründung gescheitert, was in einem Fall zur Aufgabe des Standorts geführt habe.
Thüringens Sozialministerin Katharina Schenk (SPD) kündigte an, sie wolle auch 2026 Gelder für die Fortführung des Programms im Haushalt einstellen. Ziel der Landesregierung sei es, jedem Thüringer und jeder Thüringerin einen medizinischen Ansprechpartner in einer Fahrdistanz von höchstens 20 Minuten anzubieten. Dafür seien Praxen im ländlichen Raum wertvoll. Gerade in Landarztpraxen bauten sich über Jahre stabile Arzt-Patienten-Beziehungen auf.
Der 2.000-Einwohner-Ort Gräfentonna liegt zwischen Erfurt und Bad Langensalza. Die Vorgängerärztin hatte vor einem Jahr ihre Praxis aus Altersgründen aufgegeben.
Die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen vertritt als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Interessen von rund 4.000 niedergelassenen Medizinern und Psychotherapeuten im Freistaat. Zugleich ist sie im Freistaat für die Sicherstellung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung im ambulanten Bereich zuständig.