Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) präsentieren von Donnerstag an Werke von 60 Künstlerinnen und Künstlern in einer estnisch-deutschen Ausstellung. Das erste Kooperationsprojekt mit dem Estnischen Kunstmuseum in Tallinn zeige rund 150 Gemälde, Grafiken, Objekte sowie Video- und Klanginstallationen, sagte SKD-Generaldirektor Bernd Ebert am Dienstag in Dresden.
Unter dem Titel „Spiegel im Spiegel“ widme sich die Ausstellung im Lipsiusbau künstlerischen Beziehungen. Im Zentrum steht die Freundschaft zwischen dem estnischen Komponisten Arvo Pärt (89) und dem deutschen Maler Gerhard Richter (93). Gezeigt wird eine Fotofassung von Richters „Birkenau“-Zyklus zum Holocaust. Laut SKD gibt es sechs solcher Fassungen von Richter, die als eigene Werke gelten. Der Original-Zyklus mit vier Gemälden von 2014 hängt als Leihgabe in der Neuen Nationalgalerie in Berlin.
Richters Werk werden Klanginstallationen mit Musik von Pärt sowie originalen, kalligrafisch gestaltete Notenblätter des Komponisten gegenübergestellt. Die Partituren und Handschriften sind Leihgaben des Arvo-Pärt-Zentrums in Laulasmaa, etwa 40 Kilometer von Tallinn entfernt, und erstmals außerhalb Estlands zu sehen.
Die Schau mit dem vollständigen Titel „Spiegel im Spiegel. Estnische und deutsche Kunst von Lucas Cranach bis Arvo Pärt und Gerhard Richter“ umfasst die Zeit vom Mittelalter bis in die Gegenwart und damit eine mehr als 700-jährige Geschichte beider Länder. Sie ist bis zum 31. August in Dresden zu sehen und im Anschluss in Tallinn. Feierlich eröffnet wird die Ausstellung am Mittwoch in Dresden vom Präsidenten Estlands, Alar Karis, und Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU).
Anlass ist der 90. Geburtstag von Arvo Pärt am 11. September. Der Titel „Spiegel im Spiegel“ ist einer gleichnamigen Komposition Pärts von 1978 entlehnt. Zu sehen ist auch das Gemälde „Christus als Schmerzensmann an der Geißelsäule“ von Lucas Cranach d.Ä. (1472-1553).
Dazu sagte die Mitkuratorin und ehemalige SKD-Generaldirektorin, Marion Ackermann, dieses Bild habe Pärt bei einem Besuch der Dresdner Gemäldegalerie sehr beeindruckt. Er habe dazu eine Musik komponieren wollen, dazu sei es allerdings nicht gekommen. Pärt war in der Saison 2017/2018 „Capell-Compositeur“ der Sächsischen Staatskapelle Dresden.
Die Direktorin des Estnisches Kunstmuseums Kumu und Kuratorin der Ausstellung, Kadi Polli, sagte, die Schau stelle estnische und deutsche Kunst dialogisch gegenüber. Themen seien die Romantik als Epoche sowie Traumata und nationale Selbstbespiegelungen. Laut Polli ist das Projekt die bisher größte Präsentation estnischer und deutscher Kunst überhaupt.
Dies sei längst überfällig, denn historische Verbindungen zwischen beiden Ländern reichten über viele Jahrhunderte, von der Christianisierung Estlands durch den Deutschen Orden und die Hanse bis ins 20. Jahrhundert. Zu sehen sind auch Werke zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler aus Estland.
Als ein Kuriosum werden ein hölzerner Bierhumpen, der angeblich Martin Luther (1483-1546) gehörte, korrespondierend mit reich verzierten Hochzeitsbierhumpen aus Estland gezeigt.