Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) verzeichnete in diesem Frühjahr außergewöhnlich hohe Wassertemperaturen in Nord- und Ostsee. Im März, April und Mai sei die Temperatur in der Nordsee auf durchschnittlich 8,7 Grad gestiegen, teilte das BSH am Dienstag in Hamburg mit. Die gesamte Nordsee erlebte damit das wärmste Frühjahr seit Beginn der Auswertungen im Jahr 1997. Die Ostsee erreichte laut BSH im Frühjahr eine Durchschnittstemperatur von 5 Grad, das sechstwärmste Frühjahr seit 1997 mit einem Grad über dem langjährigen Mittel.
„Unsere Daten zeigen, dass sich Nordsee und Ostsee kontinuierlich erwärmen. Das ist eine direkte Folge des Klimawandels und verändert die Meeresumwelt zunehmend“, sagte Kerstin Jochumsen, Leiterin der Abteilung Meereskunde beim BSH.
Fast die gesamte Nordsee sei an der Oberfläche mindestens 0,5 Grad wärmer als üblich gewesen, „mit deutlichen Ausreißern nach oben“, sagte Tim Kruschke, Leiter des Referats Marine Klimafragen beim BSH. Demnach seien die größten Abweichungen in der östlichen Nordsee vor der norwegischen und dänischen Küste aufgetreten, wo die Temperaturen bis zu 2 Grad über dem langjährigen Mittel lagen. Im deutschen Teil der Nordsee lagen die Oberflächentemperaturen zwischen 0,8 und 1,5 Grad und damit ebenfalls deutlich über dem langjährigen Mittel.
Auch in der Ostsee hat das Bundesamt deutliche regionale Unterschiede festgestellt: Der äußerste Norden war etwas kälter als der Durchschnitt, während der Süden deutlich wärmer war. Im südwestlichen Teil der Ostsee, der die deutschen Gewässer und die dänischen Inseln umfasst, hätten die Temperaturen mehr als 2 Grad über dem Langzeitmittel gelegen. Dort sei das wärmste Frühjahr seit Beginn der aktuellen Daten in 1997 gemessen worden.
An der BSH-Station Leuchtturm Kiel sei zudem eine marine Hitzewelle in der Ostsee registriert worden. „Die marine Hitzewelle hielt 55 Tage an - die längste, die wir je an unserer Station in Kiel gemessen haben, wo wir seit 1989 kontinuierlich Daten erfassen“, sagte Claudia Hinrichs, Klimawissenschaftlerin beim BSH. Laut Bundesamt lag die Temperatur durchschnittlich 2,6 Grad über dem Mittelwert von 1991 bis 2020, der Höchstwert lag 4,3 Grad über dem Durchschnitt.
Als marine Hitzewellen werden Extremereignisse bezeichnet, bei denen die Temperaturen in einem halben Meter Wassertiefe mindestens fünf Tage lang zu den höchsten 10 Prozent der über 30 Jahre gemessenen Werte am betreffenden Ort für die jeweilige Jahreszeit gehören.