WWF kritisiert Fischerei in Schutzgebieten der Nordsee
Hamburg (epd).

Die deutsche Grundschleppnetzfischerei erzielt 76 Prozent ihrer Fänge an Plattfisch, Weißfischen und Nordseekrabben innerhalb von Meeresschutzgebieten. Das zeigt eine Analyse des World Wide Fund for Nature (WWF) Deutschland, die die Naturschutzorganisation am Mittwoch veröffentlicht hat. Demnach halten sich die untersuchten Fischereien zu knapp 72 Prozent ihrer Aktivität in den Schutzgebieten der Nordsee auf. Die Naturschützer fordern angesichts der Ergebnisse die Neuordnung der wirtschaftlichen Nutzung der Nordsee zugunsten des Meeresökosystems. Konkret bedeute dies: Fischereifreie Zonen auf insgesamt 75 Prozent der Nationalparkflächen im Wattenmeer.

Der WWF formuliert vier Forderungen: Wirksamere Schutzgebiete unter anderem durch den Ausschluss der Grundschleppnetzfischerei aus den Schutzgebieten der ausschließenden Wirtschaftszone (AWZ). Die Verteidigung des Meeresschutzes gegen wachsende industrielle Interessen. Die Anpassung der Kapazitäten der deutschen Grundschleppnetzflotte. Die Umsetzung aller rechtlichen Anforderungen zum Schutz der Meeresumwelt.

Laut WWF produziert die Grundschleppnetzfischerei von allen Fangtechniken den meisten Beifang, beschädigt sensible Lebensräume wie Seegraswiesen und Riffe und sorgt für erhöhte Kohlendioxid-Emissionen. „Vor allem in den Nationalparken des Wattenmeers hat die Natur gesetzlichen Vorrang, doch in der Unterwasserwelt ist dies noch nicht umgesetzt“, erklärt Philipp Kanstinger, Fischereiexperte des WWF. Mit Blick auf die Krabbenfischerei stellt Kanstinger fest, dass die Beeinträchtigungen der Schutzgebiete für ein „Luxusprodukt“ flächendeckend hoch sind. „Die Krabbenfischerei gehört zur Küste dazu, doch der deutlich überwiegende Teil der Nationalparkfläche muss künftig fischereifrei sein.“

Mit dem „Fischerei-Explorer Nordsee“ zeigt der WWF ein Analysewerkzeug, das die Nutzungskonflikte zwischen der Fischerei, den Schutzgebieten und den Offshore-Windparks in der Nordsee sichtbar machen soll. „Der Meeresumweltschutz kämpft heute nicht mehr nur gegen Vermüllung und Verklappung, sondern vor allem für notwendige Ruhe- und Rückzugsräume, während parallel die industriellen Ansprüche in der Nordsee wachsen“, sagt Kanstinger. Das Onlinetool fasse die Aktivitäten der deutschen Grundschleppnetzfischerei der Jahre 2017 bis 2022, ihre räumliche Verteilung und ihre Fänge in der deutschen Nordsee zusammen.