Erstmals nach Jahrzehnten gibt es wieder Kamerabilder von mittelradioaktiven Abfällen, die im maroden Bergwerk Asse II bei Wolfenbüttel eingelagert sind. Die ersten Aufnahmen zeigten, dass Teile der Dachfirste in den Kammern aus mehr als zehn Metern Höhe auf die Fässer gestürzt seien, sagte die Geschäftsführerin der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), Iris Graffunder, am Montag im niedersächsischen Peine. Trotzdem sähen die Fässer noch überwiegend gut und intakt aus. „Einige sind verbeult und verformt. Aber sie sind nicht aufgerissen, und es sind keine Abfälle aus den Fässern herausgefallen.“
Die mittelradioaktiven Abfälle lagern in der Einlagerungskammer 8a in 511 Metern Tiefe. Es handelt sich um 1.293 Fässer, die zwischen August 1972 und Januar 1977 in das Bergwerk gebracht wurden. Insgesamt befinden sich in der Asse etwa 126.000 Fässer. Die meisten enthalten schwach radioaktiven Atommüll, einige aber auch chemische Rückstände. Die nuklearen Abfälle in der Asse stammen aus dem Betrieb von Atomkraftwerken sowie zum kleineren Teil aus Forschung und Medizin. Kamerabilder aus Kammern mit schwach radioaktiven Abfällen hatte die BGE bereits zuvor machen können.
Kamera wurde durch noch vorhandenes Bohrloch eingeführt
Der Antrag auf Erkundung der Kammer 8a wurde bereits 2018 gestellt. Die Planung und Genehmigung mit anschließender Umsetzung der Genehmigungsauflagen, beispielsweise die Installation einer neuen Filteranlage auf den heutigen Stand der Technik, haben mehrere Jahre gedauert.
Zum Hinablassen der Kamera nutzten die BGE-Experten ein noch vorhandenes Bohrloch aus der Einlagerungszeit. Zuvor wurde das Bohrloch durch ein Zelt vom übrigen Grubengebäude baulich getrennt. Die Kammer 8a werde im Unterdruck gehalten, hieß es. So könne keine Radioaktivität ins Bergwerk gelangen, während das Bohrloch wegen der Kamerafahrt offen ist.
Konsequenzen für Rückholung noch unklar
Bereits im Sommer hatten Bergleute mit einer Kamera erstmals Fässer mit schwach radioaktivem Müll inspizieren können, die in 750 Metern Tiefe lagern. In der dabei beobachteten Kammer 12 des früheren Salzbergwerks lagern insgesamt rund 7.500 Behälter. Bekannt wurde die Kammer, da sich im deren Zugangsbereich ein Sumpf mit radioaktiver kontaminierter Lösung bildete. Dies führte unter anderem dazu, dass die Schachtanlage Asse II im Jahr 2009 unter das Atomrecht gestellt wurde.
Die Untersuchungen der Kammern sind Teil des Erkundungsprogramms, mit dem die BGE die Rückholung der radioaktiven Abfälle vorbereitet. Eine Voraussetzung dafür ist, dass der Zustand der Behälter eine Bergung erlaubt. Was die Erkenntnisse, die aktuell durch die Bilder in der Kammer 8a gewonnen wurden, für die Planung der Rückholung bedeuten, „müssen wir jetzt auswerten“, sagte Graffunder.