Herumliegender Abfall in den Städten sorgt bei den Bürgern für Unmut. Die Kommunen setzen auf Informationen, Mitmach-Aktionen und Mängelmelder.
Wiesbaden, Mainz (epd). Überquellende Mülleimer im Park, verschimmelte Matratzen am Straßenrand, Bauschutt auf dem Parkplatz: Wilde Müllkippen verärgern die Bürgerinnen und Bürger. Eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) in Hessen und Rheinland-Pfalz zeigt: Viele Städte reagieren ideenreich auf das Problem. Sie setzen auf Information und Bildung, auf Aktionen in Schulen oder Kitas. Zum Einsatz kommt auch Künstliche Intelligenz (KI).
Gießen prüft Verpackungssteuer
Seit einiger Zeit entstehen vor allem an Altglas- und Altkleidercontainern Müll-Hotspots: Dort sammeln sich Elektroschrott, Sperrmüll und Säcke voller Hausmüll. In den Innenstädten landet oft der Verpackungsmüll auf der Straße, der beim Essen und Trinken unterwegs anfällt: Brötchentüten, Pizzakartons, Pappbecher, Glas- und Plastikflaschen. Deshalb prüft etwa Gießen nach dem Vorbild anderer Städte eine Verpackungssteuer, um Einwegverpackungen unattraktiver zu machen.
In Frankfurt haben die Fraktionen der Linken sowie danach von SPD, Grünen und Volt bereits Anträge für eine Verpackungssteuer ins Stadtparlament eingebracht. Die Stadt will sogar Zero Waste City werden - eine Stadt ohne Ressourcenverschwendung - und hat dafür eine Informationsplattform gegründet. Neben zusätzlichen Reinigungsteams sind dort die Bußgelder für illegale Müllentsorgung im Oktober deutlich erhöht worden.
„Müllbuster“ in Kassel müssen häufiger ausrücken
„Uns ist bewusst, dass achtlos weggeworfener Müll das Stadtbild beeinträchtigt und die Lebensqualität mindert“, sagt der Sprecher der Stadt Kassel, Sascha Stiebing. Kassel hat bereits vor Jahren die Einsatztruppe „Müllbuster“ eingerichtet. Die Teams rücken aus, wenn Bürger Müllablagerungen melden. Die Einsatzzahlen stiegen von 5.000 Aufträgen im Jahr 2020 auf 9.300 im vergangenen Jahr.
Die Beseitigung des wilden Mülls kostet Geld. In Darmstadt belaufen sich die Entsorgungskosten auf eine hohe fünf- bis niedrige sechsstellige Summe im Jahr, wie die Stadt berichtet. Limburg musste im vergangenen Jahr rund 43.000 Euro für die Beseitigung wilder Müllkippen ausgeben.
Offenbach erhebt zeitnah Bußgelder bei illegaler Müllentsorgung
Illegale Müllentsorgung ist eine Ordnungswidrigkeit, für die ein Bußgeld fällig werden kann - wenn der Täter erwischt wird. Offenbach setzt seit mehr als zwei Jahren eine 48-Stunden-Dreck-Weg-Garantie um: „Das bedeutet, dass die meisten illegalen Ablagerungen innerhalb von 48 Stunden nach Eingang der Meldung entfernt werden.“ Dadurch ließen sich nach Angaben der Stadt zeitnah Täter ermitteln, was im vergangenen Jahr zu Bußgeldern von rund 70.000 Euro führte. Im Rahmen einer Sperrmüllkampagne markieren außerdem Mitarbeiter den wilden Müll mit Absperrband und Hinweisaufklebern, „um direkt vor Ort zu zeigen, dass die Ablagerung illegal ist und nach der verursachenden Person ermittelt wird“.
Viele Städte bieten Online-Meldungen samt Foto auf ihren Homepages an. Dabei zeigen sich vor allem die Wiesbadener meldefreudig: 23.000 Angaben zu illegalem Müll gingen im vergangenen Jahr über die „Saubere Wiesbaden App“ ein.
Darmstadt setzt auf Service, Repression und Prävention
Darmstadt setzt auf Künstliche Intelligenz: KI-gestützte Systeme optimieren Reinigungsrouten und messen den Füllstand an Altglascontainern sowie an rund 320 Abfallbehältern im Stadtgebiet. Zusätzlich verfolge man einen Drei-Säulen-Ansatz aus Service, Repression und Prävention, erklärt die Stadt. Das bedeutet: regelmäßige Leerung öffentlicher Papierkörbe, die kommunale Ordnungspolizei überwacht bekannte Hotspots und Ordnungswidrigkeiten werden verfolgt, es gibt Beratung und Aktionen für die Bürger.
„Containerstandplätze, die extrem vermüllt werden, werden aufgelöst“, betont die Stadt Hanau. Allerdings komme das nur in wenigen Fällen als allerletzte Möglichkeit vor. Derzeit ist in Hanau eine Überwachung von Containerstandplätzen und Hotspots in der Diskussion, außerdem Beleuchtungen, um potenzielle Müllsünder abzuschrecken. Hanau startete auch eine Abfallkampagne „JuchHU sauber!“ und weist dabei unter anderem auf die Kosten der illegalen Müllentsorgung für alle hin: „100.000 Euro Zusatzkosten jährlich - auf Abfallgebühren umgelegt.“
Bürger nehmen Mitmachaktionen gut an
Auch andere Städte setzen auf Information und appellieren an das Verantwortungsgefühl. In Mainz laufen an Sommerwochenenden Grill- und Müllscouts am Rheinufer entlang. Mitmachaktionen zum Müllsammeln werden nach Angaben einiger Städte gut angenommen, zum Beispiel der weltweite World Cleanup Day, „Dreck-weg-Tage“ in Mainz, die „Lautrer Kehrwoche“ in Kaiserslautern, die „Sauwer Sach“ in der Innenstadt von Trier oder „Frankfurt Cleanup“. In Marburg, wo mitunter Einkaufswagen oder geklaute Fahrräder in der Lahn landen, machen Wassersportvereine bei Aufräumaktionen mit.
„Meist liegt es am abweichenden Verhalten eines geringen Prozentsatzes der Bevölkerung“, sagt eine Sprecherin der Stadt Wiesbaden. Die Erfahrung zeige: Eine große Mehrheit der Bürger lasse sich dafür sensibilisieren, die Regeln einzuhalten.
Zero-Waste-Stadt Frankfurt: www.zerowaste-ffm.de
Kampagne gegen Littering Mainz: http://u.epd.de/3lyt
Kampagne Hanau: http://u.epd.de/3lxp
Infos Trier: https://www.art-trier.de/news/76