Clearingstellen für Menschen ohne Krankenversicherung gefordert
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Ärztliche Untersuchung (Archivbild)
Wiesbaden (epd).

Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden vom 29. Oktober haben Zehntausende Menschen in Deutschland keinen Krankenversicherungsschutz. Die Linkspartei und die Hilfsorganisation Malteser Hilfsdienst sprachen sich für flächendeckende Clearingstellen aus.

Laut Statistischem Bundesamt waren im Jahr 2023 rund 72.000 Menschen in Deutschland nicht krankenversichert. Das seien weniger als 0,1 Prozent der Bevölkerung, teilte das Bundesamt mit. Betroffen waren überwiegend Männer (61 Prozent beziehungsweise 44.000). Dreiviertel (75 Prozent oder 54.000) aller Personen ohne einen entsprechenden Schutz waren Nichterwerbspersonen wie Rentnerinnen und Rentner oder Studierende ab dem 26. Lebensjahr.

Zusätzlich waren 198.000 Menschen zwar nicht krankenversichert, hatten aber dennoch einen Anspruch auf Krankenversorgung. Dazu können beispielsweise Asylsuchende, Empfängerinnen und Empfänger von Sozialhilfe sowie freiwillige Wehrdienstleistende gehören.

Bessere Versorgung durch anonyme Krankenscheine

Der Referent des Malteser Hilfsdiensts für Finanzielle Armut und für das Projekt Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung (MMM), Markus Sitter, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), ein flächendeckendes Netz von Clearingstellen sei wünschenswert. Diese Stellen könnten Ansprüche auf Krankenversicherung prüfen, da vielfach Menschen nicht krankenversichert seien, obwohl sie Anspruch darauf hätten. Die positiven Effekte solcher Clearingstellen seien nachweisbar, sagte Sitter.

Der Referent wandte sich gegen die Behauptung, wonach solche Clearingstellen für eine Zunahme von Armutsmigration sorgen würden. Eine solche Lockwirkung könne es gar nicht geben, weil Clearingstellen nur dann helfen könnten, wenn tatsächlich Anspruch auf eine Krankenversicherung bestehe.

Ein anonymer Krankenschein könne ebenfalls für eine bessere Versorgung von Menschen ohne Versicherungsschutz sorgen. „Diese anonymen Krankenscheine gibt es derzeit leider nur in einigen Städten“, beklagte Sitter.

Linke: Unterlassene Hilfeleistung der Bundesregierung

Die Linkspartei warf der Bundesregierung unterlassene Hilfeleistung vor. Sie kenne das Problem, bleibe aber untätig. Dabei gebe es eine hohe Dunkelziffer, vermutlich seien „mehrere Hunderttausend Bürgerinnen und Bürger“ ohne gesicherte Versorgung. Die Partei forderte ebenfalls eine bundesweite Clearingstelle, deren Aufgabe es sei, Menschen ohne Krankenversicherung im Regelsystem abzusichern.

Rund jede neunte Person (11 Prozent) in Deutschland war laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2023 privat krankenversichert. Das waren gut 9 Millionen Menschen, darunter knapp 2,4 Millionen Familienversicherte. Demgegenüber waren 89 Prozent beziehungsweise 73,3 Millionen Menschen gesetzlich versichert, darunter 16,8 Millionen als familienversicherte Angehörige. Familienangehörige werden im Vergleich zu Versicherten insgesamt etwas häufiger privat mitversichert als gesetzlich: Bei ihnen betrug der Anteil der privat Versicherten zwölf Prozent, wie es hieß.

Knapp 5,1 Millionen Menschen waren freiwillig gesetzlich versichert - das betrifft zum Beispiel Selbstständige oder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem Bruttoeinkommen über der sogenannten Jahresarbeitsentgeltgrenze. Sie machten sieben Prozent der gesetzlich Versicherten aus.