Zwei Preisträger lehnen Grimme Online Award ab
s:13:"Grimme-Preise";
Grimme-Preise
Grimme-Direktorin kündigt vollständige Loslösung vom Förderverein an
Essen (epd).

Die Regisseure Hans Block und Moritz Riesewieck haben am 8. Oktober in Essen den Sonderpreis „Künstliche Intelligenz“ des Grimme Online Awards vorerst abgelehnt. Hintergrund ist die Affäre um die Aberkennung der Besonderen Ehrung des Donnepp Media Awards für die Aktivistin Judith Scheytt nach Vorwürfen des Antisemitismus. „Wir hoffen, dass es eine reflektierte Aufarbeitung gibt dessen, was passiert ist, damit wir weiter an diesen Preis glauben können“, erklärte Block. Sie seien offen für den Diskurs, aber solange dieser Glaube nicht zurück sei, bleibe der Preis auf dem Rednerpult stehen.

Der Donnepp Media Award, der medienpublizistische Leistungen würdigt, wird vom „Verein der Freunde des Adolf-Grimme-Preises“ vergeben. Anfang September war bekannt geworden, dass der Verein der 18-jährigen Scheytt die im Januar verliehene Ehrung nach einer erneuten Prüfung aberkannt hatte. Ihre Instagram-Videos stellten eine „systematische Verzerrung und selektive Kontextualisierung des israelisch-palästinensischen Konflikts“ dar, so der Vorwurf. Ursprünglich war gelobt worden, Scheytt erschaffe eine „neue und wahrhaft zeitgemäße Form der Medienpublizistik“.

„Keine Lappalie“

Block betonte: „Das ist eine Richtungsweisung und keine Lappalie.“ Es zeige eine Richtung, in der politische Einflussnahme und Angst plötzlich schwerer wögen als Urteilskraft und Unabhängigkeit. Riesewieck unterstrich, dass Scheytt als „kritisches Korrektiv“ ausgezeichnet worden sei.

Aus Protest gegen die Aberkennung des Preises hatten sowohl Preisträger des Donnepp Media Awards als auch des Grimme-Preises ihre Auszeichnungen zurückgegeben. Dabei gab es immer wieder Spekulationen über eine mögliche Einflussnahme der Grimme-Direktorin Cigdem Uzunoglu, die das Institut aber stets dementierte. In Essen kündigte Uzunoglu an, dass das Grimme-Institut künftig komplett unabhängig von seinem Förderverein agieren wolle.

Für besondere publizistische Qualität wurden am Mittwochabend acht Projekte in den vier Kategorien mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet - hinzu kamen der Publikumspreis und der Sonderpreis. Mit dem undotierten Preis ehrt das Grimme-Institut seit 2001 Webseiten, Apps, Podcasts, Social-Media-Angebote oder andere online veröffentlichte qualitativ hochwertige Beiträge mit publizistischem Charakter.

Preis für Podcast „Parlamentsrevue“

Block und Riesewieck hätten mit dem Spezialpreis für „Eternal You“ gewürdigt werden sollen. Das multimediale und modulare Angebot greift unter anderem die Frage auf, was es bedeutet, einen toten Menschen mithilfe von KI kommunikativ wieder zum Leben zu erwecken.

In der Kategorie Information ging ein Preis an den Podcast „Parlamentsrevue“, der unter anderem Parlamentssitzungen und Gesetzgebungsinitiativen analysiert. Die Jury würdigte in der Kategorie Wissen und Bildung insgesamt drei Projekte: Die „Barrierebrecher“ sind eine Gruppe von Menschen mit Behinderung im Dominikus-Ringeisen-Werk, die als Social-Media-Redaktion TikTok, Instagram und Youtube bespielen. Auf seinem Instagram-Kanal „Gynaekollege“ klärt der Arzt und Journalist Mertcan Usluer unter anderem über Probleme im Gesundheitssystem sowie über gynäkologische und queer-feministische Themen auf. Der TikTok-Kanal „Know & Grow“ vom SWR für Funk beschäftigt sich wiederum mit Mythen und Trends in der Fitnesscommunity.

Insta-Kanal zu Femiziden

Zwei Auszeichnungen gab es in der Kategorie Kultur und Unterhaltung: einmal für das im Browser zugängliche Spiel „Herbst '89 - Auf den Straßen von Leipzig“ der Stiftung Deutsches Historisches Museum über die friedlichen Proteste vom 9. Oktober 1989. Der andere Preis ging an den WDR-Instagram-Kanal „Little Monsters“ über Themen der mentalen Gesundheit.

Auch in der Kategorie Spezial wählte die Jury zwei Preisträger aus. Der Instagram-Kanal „Femizide stoppen!“ von Lily und Team greift die Tötungen von Frauen durch ihre Partner und Ex-Partner auf. Der Kanal leiste eine Arbeit, die eigentlich Aufgabe der Medienlandschaft wäre, erklärte die Jury. Mit einer weiteren Auszeichnung wurde die dezentrale-Plattform Mastodon stellvertretend für die Idee des Fediverse ausgezeichnet, welches Austausch über Servergrenzen und Dienste hinweg ermöglicht. Der Publikumspreis ging an das Zentrum für Politische Schönheit für die Aktion „AfD-Verbot“.