Tauben, Ochsen und Birken: Alte Bräuche rund um Pfingsten
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Pfingsttaube am Berliner Dom
Frankfurt a. M. (epd).

Das Wiedererwachen der Natur im Frühling, Umzüge und Symbole für den Heiligen Geist - all das gehört zu den Traditionen und Bräuchen rund um Pfingsten. Anders als zu Weihnachten und Ostern ist das Brauchtum zu Pfingsten aber regional unterschiedlich geprägt, wie Manfred Becker-Huberti erklärt, Theologe und Honorarprofessor an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Vinzenz-Pallotti-University in Vallendar.

Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes, das wurde früher auch symbolisch im Gottesdienst dargestellt. Aus dem Kirchengewölbe habe man während des Pfingstgottesdienstes brennendes Werg, also Pflanzenfasern, oder rote Blütenblätter herabregnen lassen. „Älter noch war der Brauch, eine hölzerne Taube an einem langen Seil herabzulassen und zu schwenken“, sagt Brauchtumsforscher Becker-Huberti. Wobei die Taube als Symbol für den Heiligen Geist einen radikalen Bedeutungsverlust erlitten habe: „Der 'Vogel der Könige' wurde erst zur Brieftaube des kleinen Mannes und schließlich in unseren Großstädten zur 'Ratte der Lüfte'“. Bis heute beeindruckend sei es, wenn im Pantheon in Rom am Pfingstsonntag gut sieben Millionen Rosenblütenblätter herabregneten.

Mit Wasserbräuchen verbunden

Den geschmückten „Pfingstochsen“ beim Umzug kenne man vor allem im alpenländischen Raum noch. Der Brauch hat seinen Ursprung im traditionellen Viehtrieb zu Pfingsten, bei dem ein geschmücktes Rind zur Weide getrieben wird. Becker-Huberti: „'Herausgeputzt wie ein Pfingstochs' schmeichelt dem Gemeinten eher nicht. Er tut noch schön und ahnt nicht, dass es ihm kurze Zeit später an den Kragen gehen wird. Der geschmückte Ochse, der beim Pfingstumzug mitgeführt wird, landet anschließend auf dem Grill.“

In Bischofsmais im Bayerischen Wald zieht am Pfingstmontag noch heute ein Junge, der „Pfingstl“, durch die Straßen: Die Figur, mit frischem Laub geschmückt, stellt den Sommerbeginn dar, wie der Brauchtumsexperte erklärt.

So wie ein Pfingstfeuer Mittelpunkt eines Festes sein konnte, so ist Pfingsten mit Wasserbräuchen verbunden - man glaubte Wasser bedeute Segen. Bei Pfingstbrunnenfesten wurde der Brunnen einst auch dazu genutzt, den „Pfingstlümmel“ nass zu machen, erklärt Becker-Huberti - das konnte derjenige sein, der immer zu spät kam oder der sich vor Gemeinschaftsaufgaben gerne drückte.

Berittene Bittprozession

Prozessionen und Umritte gehören ebenfalls zur Tradition. Der „Kötztinger Pfingstritt“ ist eine berittene Bittprozession, die auf ein Gelöbnis aus dem Jahre 1412 zurückgeht. Der Legende nach lag im Dorf Steinbühl, sieben Kilometer von Bad Kötzting im Bayerischen Wald entfernt, ein Mann im Sterben und bat um die Sterbesakramente. Die Kötztinger Burschen gaben dem Pfarrer Schutz-Geleit. Es wurde gelobt, den Ritt jedes Jahr zu wiederholen. „Alle Jahre am Pfingstmontag ziehen rund 700 Reiter betend auf geschmückten Pferden und in alten Trachten durchs Zellertal nach Steinbühl“, bewirbt Bad Kötzting das Pfingstspektakel.

Am Dienstag nach Pfingsten wird im luxemburgischen Echternach die „Springprozession“ gefeiert, angeführt von einer Gruppe aus dem Eifeldorf Waxweiler, die zu Fuß bis zu 40 Kilometer zurücklegt. Zu Ehren des Heiligen Willibrord (um 658 -739), Schutzpatron und Missionar, „springen“ dann in Echternach Tausende von Teilnehmern zu Polka-Melodien in Reihen durch die Straßen bis zur Basilika. Für den Brauch, der UNESCO-Weltkulturerbe ist, gibt es unterschiedliche Erklärungen. Becker-Huberti sagt: „Heute bezeichnet man dies gerne als 'homöopathische Therapie': Durch eine dosierte Bekämpfung eines Übels durch das Übel selbst - und natürlich durch göttliche Gnade - sollten 'Nervenzucken' und 'Veitstanz' therapiert werden.“

„Unfugs- oder Bosheitsnacht“

Im südwestlichen Münsterland war es einst eine Auszeichnung, als „Pfingstbraut“ den Pfingstumzug der Kinder anzuführen: Zwischen Bocholt und Lüdinghausen zogen die Kinder als Hochzeitsgesellschaft durch die Straßen. Dabei gingen meist ein Mädchen als „Braut“ und ein Junge als „Bräutigam“ unter einem Blumenbogen vor ihrem großen Gefolge durch die Nachbarschaft, wie Christiane Cantauw, Geschäftsführerin der Kommission Alltagskulturforschung für Westfalen in Münster, beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe berichtet. Bei diesem Brauch, den es auch im Tecklenburger Land gab, baten die Kinder um Süßigkeiten.

In einigen Gegenden hat die Nacht auf Pfingstmontag auch die Tradition einer „Unfugs- oder Bosheitsnacht“: Beim „Pfingststehlen“ wurden bewegliche Gegenstände aus Hof und Garten entwendet, die sich dann an öffentlichen Plätzen wiederfanden - laut Becker-Huberti wohl Rest eines alten Abwehrzaubers, den man heute eher in Österreich in der Steiermark findet.

Wie die Tanne zu Weihnachten, so gehört die Birke zu Pfingsten. Bis heute werden in einigen ländlichen Regionen in der Nacht zum Pfingstsonntag „Pfingstmaien“ angebracht: Frische, geschmückte Birkenäste, die junge Männer ihren Freundinnen als Symbole der Zuneigung an das Haus stecken.

Von Claudia Kroll-Kubin (epd)