
Johannes Friedrichs Name ist in der evangelischen Kirche vor allem mit drei Dingen verbunden: mit dem Bischofsamt, das er in Bayern von 1999 bis 2011 innehatte, mit dem jüdisch-christlichen Dialog und mit dem Bibelmuseum Bayern in Nürnberg. Der Theologe war aber auch Propst, Stadtdekan und Dorfpfarrer. Wie die Landeskirche am 3. September mitteilte, ist Friedrich im Alter von 77 Jahren gestorben.
Friedrich wurde als Sohn eines Theologieprofessors in Westfalen geboren und wuchs in Erlangen auf. Vor seiner Zeit als Propst in Jerusalem war Friedrich Studentenpfarrer in Nürnberg, nach seiner Rückkehr wurde er Stadtdekan in Nürnberg. 1996 wurde er in die Landessynode gewählt und ergriff dort die Initiative für die Vereinbarung „Zur Begründung eines neuen Verhältnisses von Christen und Juden“, die die Synode 1996 verabschiedete.
Die Bedeutung des Dialogs, der inhaltlichen Differenzierung, wurde ihm als Propst von 1985 bis 1991 in Jerusalem deutlich. Er habe Schwierigkeiten mit Leuten, die beim Nahost-Konflikt „ganz genau zu wissen scheinen, wer recht hat und wer im Unrecht ist“, sagte er. Er setzte sich gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus ein und kritisierte, dass es auch in der Kirche noch „böse Vorurteile“ gegenüber Jüdinnen und Juden gebe.
Konnte gut mit Kardinal Marx
Die Zeit als Propst in einer Stadt, in der die Christen in der Minderheit sind, führte Friedrich auch vor Augen, wie wichtig Ökumene ist - und zwar nicht nur die von katholischer und evangelischer Kirche, sondern auch mit Orthodoxen und Anglikanern. Als bayerischer Landesbischof konnte er gut mit dem Münchner Kardinal Reinhard Marx. Den Ökumenischen Kirchentag 2010 in München bezeichnete Friedrich einmal als den Höhepunkt seiner Karriere. Dass er 2001 als Catholica-Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) den Papst als einen „ökumenisch akzeptierten Sprecher der Weltchristenheit“ bezeichnete, kam allerdings bei Protestanten nicht überall gut an.
In der Debatte um die Umbenennung der nach Landesbischof Hans Meiser (1881-1956) benannten Straßen während seiner Amtszeit, hätte er sich mehr Differenzierung gewünscht. Schwarz-Weiß-Denken ärgere ihn, sagte er. Hintergrund der Debatte war die ambivalente Haltung von Hans Meiser während der NS-Zeit.
Mit geduldigem Zuhören, der Fähigkeit zu tragfähigen Kompromissen und einem guten Maß Pragmatismus hielt Friedrich seine Landeskirche mit ihren verschiedenen Flügeln zusammen. Ein Mann, der Konflikte vermeide und lieber nach Lösungen suche, die allen etwas bringen, beschrieb ihn seine Stellvertreterin, Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler. Friedrich sei „einer mit klarem Verstand und Übersicht“.
Sein Organisationsgeschick trug wesentlich mit dazu bei, dass die Landeskirche ihre großen Strukturreformen - von der grundlegenden Konsolidierung der Finanzen bis zu einer neuen landesweiten Verteilung der Pfarrstellen - ohne tiefgehende Verwerfungen über die Bühne brachte. Wegbegleiter erinnern gerne daran, wie Friedrich als Landesbischof anstrengungslos und bisweilen fröhlich pfeifend Sitzungen hinter sich brachte und Dokumentenberge abarbeitete.
„Ich bin zufrieden mit dem Leben, wie es gelaufen ist“
Johannes Friedrich brachte in seiner Amtszeit als Landesbischof die Kirche ins Gespräch. Er äußerte sich nicht nur zu Religionsfragen, sondern auch zu Migrationspolitik oder zur embryonalen Stammzellenforschung. Und medienscheu war Johannes Friedrich nie.
Ebenfalls untrennbar mit seinem Namen verbunden ist das Thema Bibel. Er war Vorsitzender der Deutschen Bibelgesellschaft, Vorsitzender des Verwaltungsrats des Bayerischen Zentralbibelvereins und trieb in dieser Eigenschaft das Projekt Bibelmuseum in Nürnberg voran. 2023 wurde es im Lorenzer Hof in Nürnberg eingeweiht. Zu Einweihung zeigte er sich bereits von seiner Krankheit gezeichnet.
„Ich bin zufrieden mit dem Leben, wie es gelaufen ist“, sagt er in einem Interview zu seinem 70. Geburtstag. Alle Erdteile habe er als Landesbischof besuchen können, sagt er, „das ist doch toll“. Nach zwölf Jahren Dienstzeit als Bischof einer der größten evangelischen Landeskirchen hatte er sich noch ein Leben als einfacher Dorfpfarrer gewünscht. Im fränkischen Bertholdsdorf setzte er das um. Dort stieg er jeden Sonntag auf die Kanzel, gab Konfirmandenunterricht und leitete Beerdigungen.
Ein großer Rückhalt waren dem Bischof immer seine Frau und seine zwei Töchter: Seine Frau, eine Religionspädagogin, begleitete ihn so oft wie möglich bei Dienstreisen und kümmerte sich voller Liebe und Hingabe um ihn, als sie wegen seiner Krankheit das Haus in Spalt mit einem Pflegeheim in Nürnberg tauschen mussten.