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Ein Humboldt-Pinguin liegt in einer Höhle auf der Insel Choros.
In Chile kämpfen Naturschützer für die gefährdeten Humboldt-Pinguine
Punta de Choros, La Serena (epd).

Pablo Arróspide hüpft auf der felsigen Insel Choros vor der Nordküste Chiles von Stein zu Stein. Von Weitem sieht er kleine Tunneleingänge mit weißem Kot: Hinweise auf ein Pinguin-Nest. In jeden Eingang wirft der Parkwächter und Geograf einen Blick. Dann breitet sich ein Lächeln in seinem Gesicht aus: Ein kleiner Humboldt-Pinguin schaut ihn leicht verängstigt an, er brütet auf seinen Eiern. In einigen Tunneleingängen sitzen sogar Pinguine mit ihren schon geschlüpften Küken.

Es ist Anfang Juli. Auf ihrer Reise durch den Pazifik kommen die ersten Pinguine ins Humboldt-Archipel: ein Naturreservat, in dem rund 80 Prozent der an der chilenischen Küste lebenden Pinguine zwischen Juni und Februar brüten und ihre Jungen aufziehen.

Aber die Humboldt-Pinguine sind gefährdet. Unter besonderer Beobachtung stehen die rund 70 Zentimeter großen Tiere, seitdem im Jahr 2022 rund 3.500 der circa 12.000 chilenischen Pinguine an der Vogelgrippe gestorben sind. Die Umweltbehörde Conaf, die auch für den Nationalpark zuständig ist, begann darum, neben zwei Routinezählungen im Jahr eine dritte im Juli vorzunehmen. „Normalerweise nisten hier erst ein paar Pinguine“, erklärt Arróspide, der Verwalter des Naturparks. Die Juli-Zählung gebe aber einen Ausblick auf das Jahr.

Kaum Fressfeinde

Die Pinguine wählen das Humboldt-Archipel aufgrund seiner großen Nahrungsvielfalt zum Nisten. Das kalte Wasser zwischen Inseln und Festland sorgt für eine große Zahl an Lebewesen, während die Inseln vor zu starkem Wellengang und Strömungen schützen. Auf Choros selbst leben kaum Fressfeinde für die Pinguine. Es ist ein geschützter Ort zum Brüten.

Carolina Bahamondes von der örtlichen Umweltschutzbewegung MoDeMA ist aber besorgt um den Lebensraum der Pinguine. „Die bisherigen Schutzreservate sind zu klein“, sagt sie. Denn auf dem Land gebe es bisher keine Naturreservate, und auch auf dem Meer und dem Inselarchipel seien die geschützten Flächen zu klein.

Seit 2013 versuche zudem das Bergbauunternehmen Andes Iron, eine Kupfer- und Goldmine unweit des Humboldt-Archipels zu eröffnen - „genau auf der Fläche, die unser größtes Süßwasserreservoir ist“, kritisiert Umweltschützerin Bahamondes. Das Bergbauprojekt Dominga solle über einen eigens gebauten Hafen das geförderte Material exportieren.

Naturschützer fordern Sperrung der Insel

Verschiedene Analysen der chilenischen Umweltbehörde Conaf führten in der Vergangenheit dazu, dass das Projekt im Umweltverträglichkeitsverfahren durchfiel und eine Baubewilligung verweigert wurde. Doch das Unternehmen geht dagegen gerichtlich vor und behauptet, die Behörde hätte politisch gehandelt. Ein endgültiges Urteil steht noch aus.

Naturpark-Verwalter Arróspide erklärt, dass jegliche wirtschaftliche Aktivität im Meer eine Bedrohung für die Pinguine sei: „Wir wissen, dass die Pinguine bis zu 50 Kilometer reisen, um sich zu ernähren.“ Dabei können sie Opfer von Fischfang mit Netzen werden, aber auch durch Umweltverschmutzung etwa in Häfen gestört werden. Für einen besseren Schutz müsste man im Prinzip eine sehr großräumige Fläche um die Insel für viele industrielle Aktivitäten sperren, erklärt Arróspide.

Sofia Marambio arbeitet für den chilenischen Fischereidienst, der für den Schutz des Meeres zuständig ist. Wie sie erläutert, wird derzeit rund um die Inseln ein neuartiges Schutzgebiet geschaffen, das auf einer Meeresfläche von einer halben Million Hektar nur gewisse Aktivitäten zulasse: „Das geschieht zum Schutz der Arten“, sagt sie, und es gewährleiste gleichzeitig, dass die Bevölkerung etwa traditionellen Fischfang oder Algensammeln weiterhin betreiben könne.

Zusammenarbeit mit Schulen

Doch Marambio und Arróspide sehen beide ein Problem: Die Dienste zum Schutz von Tieren sind unterbesetzt. Arróspide muss mit nur vier weiteren Kollegen und zeitweise zusätzlichen Angestellten für die Hochsaison den Betrieb im Nationalpark am Laufen halten. Vom Fischereidienst sind nur zwei Personen für eine ganze Region verantwortlich, ihr Büro liegt in der 120 Kilometer entfernten Regionalhauptstadt La Serena.

Arróspide setzt daher auf Bildung: „Wir arbeiten mit Schulen und Umweltorganisationen zusammen, damit die Bevölkerung sich für das Wohl der Tiere einsetzt.“ Das zeige erste Wirkungen - und macht Hoffnung auch für die Pinguine.

Am Ende dieses Tages konnten die Parkwächter innerhalb ihres Messgebietes 30 Pinguin-Nester finden. Das waren deutlich mehr als noch die Jahre zuvor, wie Arróspide sagt: „Wir gehen davon aus, dass sich die Pinguinpopulation so langsam erholt.“

Von Malte Seiwerth (epd)