
Der römische Kaiser Marc Aurel (121-180 n. Chr.) gilt heuzutage vor allem als philosophischer Herrscher. Das Bild vom Philosophen habe mit den antiken Verhältnissen jedoch nichts zu tun, berichtet der Leiter des Rheinischen Landesmuseums Trier, Marcus Reuter. „Wir glauben nur zu wissen, so waren die Leute.“ Zu seiner Zeit galt er vor allem als „guter Herrscher“. Seine philosophischen Schriften, die „Selbstbetrachtungen“ kannte niemand, sie tauchten erst Jahrhunderte später wieder auf.
Zusammen mit dem Stadtmuseum Simeonstift Trier präsentiert das Rheinische Landesmuseum die rheinland-pfälzische Landesausstellung Marc Aurel. Bis zum 23. November sind rund 400 Ausstellungsstücke aus Sammlungen des Landes und von 117 Leihgebern aus ganz Europa auf 1.600 Quadratmetern Ausstellungsfläche zu sehen. In beiden Museen mit jeweils einem eigenen Schwerpunkt.
Im Rheinischen Landesmuseum geht es unter dem Titel „Marc Aurel. Kaiser, Feldherr, Philosoph“ um einen chronologischen Überblick über sein Leben und seine Zeit. Aurel wurde laut Reuter als Sohn der römischen Oberschicht zu einer Zeit geboren, als das Römische Reich weitgehend befriedet und in einer Zeit des Wohlstands war. Zusammen mit seinem Stiefbruder Lucius Verus, den er zum gleichberechtigten Kaiser ernannten, wurde er allerdings mit Kriegen und Epidemien konfrontiert.
In die Lebenszeit Marc Aurels führen Marmorbüsten, Waffen, Reliefs und auch sogenannte Mumienporträts ein. Letztere sind Holzbilder, die Gestorbenen mit einer Darstellung von sich selbst auf ihr Gesicht gelegt werden. Auch 5.400 Soldaten sind als Miniaturfiguren dargestellt, um die römischen Armeen zu zeigen. Die Schau greift auch die philosophischen Aspekte von Marc Aurel auf - in extra anders gestalteten Räumen, mit einem Blauton und ohne antike Exponate. So erfahren Besucherinnen und Besucher mehr über die Stoa und seine Schrift „Selbstbetrachtungen“.
Daran knüpft auch die Ausstellung im Stadtmuseum Simeonstift Trier an. Unter dem Titel „Was ist gute Herrschaft?“ beginnt sie mit einem Blick auf die Darstellungen von Marc Aurel als Herrscher zu Pferd. Ein Herrschermotiv, das etwa auch bei Darstellungen von Napoleon oder Karl dem Großen aufgegriffen wird, wie Museumsleiterin Viola Skiba berichtet.
Der erste lateinische Druck seiner „Selbstbetrachtungen“ erschien ihr zufolge um 1558/59. Seine Betrachtungen hätten von da an globalen Anklang gefunden. Einer seiner Anhänger war zum Beispiel der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD), dessen eigene Ausgabe der „Betrachtungen“ in der Schau zu finden ist.
Über die Epochen hinweg blickt das Stadtmuseum auf die Darstellung von Tugenden, die unterschiedlichen Regierungsformen sowie ihren medialen Darstellungen und Rezeption. Dass Frauen eher nur als Darstellungen von Tugenden und im Laufe der Geschichte seltener als Herrscherinnen zu sehen sind, wird auch thematisiert. Zu jeder Zeit habe es auch mächtige Frauen gegeben, betont die Museumsleiterin. Sie seien aber die Ausnahme gewesen und hätten sich ständig rechtfertigen müssen. Auch Marc Aurel habe sie nicht mitgedacht, wenn er vom Volk gesprochen habe.
Die Demokratie werde vor allem über Architektur mit klaren Bezügen zur Antike dargestellt, berichtet Skiba. Den Abschluss bildet eine Wand mit den aktuellen Inszenierungen von Staats- und Regierungschefs auf aller Welt, deren Bilder ähnliche Elemente aufweisen.
Beide Ausstellungen bieten auch interaktive Elemente. Im Rheinischen Landesmuseum können Besucherinnen und Besucher beispielsweise mit blauen Bällchen bestimmen, welchen Aussagen von Marc Aurel sie zustimmen. Eine ist zum Beispiel: „Pflichten und Tugenden machen eine gute Lebensführung aus.“ An einer anderen Station ist Marc Aurel als KI-unterstütztes Foto zu sehen, wie er heutzutage abgebildet werden würde.
Im Stadtmuseum können Interessierte Machtobjekte wie Schwerter oder Gebäude ertasten oder sich über Medienstationen zu Symbolen in Machtdarstellungen informieren. Auf einem wackeligen Boden können sie aus Säulen und einem Dach versuchen, die Demokratie zu bauen.
„Wir beantworten nicht die Fragen“, betont Skiba. Das Museum wolle vielmehr dazu anregen, sich damit auseinanderzusetzen, was eine gute Regierung ausmache und wie jeder Einzelne dazu beitragen könne.