Mehrfach haben digitale Schübe Studium, Lehre und Forschung an den Hochschulen verändert. „Digitalisierung war immer schon mehr als ein abschließbares Projekt. Sie sorgte und sorgt für einen Umbau des gesamten akademischen Schaltplans“, sagte der Trierer Soziologieprofessor Michael Jäckel dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Corona-Pandemie habe diesen Umbau beschleunigt.
Gelegentlich falle nun auch der Begriff „Campusflucht“ als Ausdruck einer Verlagerung der Aufmerksamkeit auf die eigenen „devices“, also Smartphone, Tablet oder Laptop, sagt der langjährige Präsident der Universität Trier. „Die Technologieverbundenheit hat ein Niveau erreicht, das das Maschinelle mehr und mehr über das eigenständig Kreative setzt.“ Deshalb müsste den guten Beispielen einer Verzahnung von analoger und digitaler Lehre künftig noch mehr Aufmerksamkeit zukommen.
Die Universität baut sich seit geraumer Zeit um, bekomme mehr und mehr ein neues Gesicht, beobachtet Jäckel. Bibliotheken würden zu „learning spaces“, Hörsäle und Seminarräume müssten sich aber noch stärker zu Orten des Zusammenarbeitens entwickeln, „damit diese isolierenden Dyaden, also enge Zweierbeziehungen zwischen Mensch und Technik, Konkurrenz bekommen“. Aktuell, so Jäckel, gleiche der Universitätsalltag einer „seltsamen Mischung aus Ort und Nicht-Ort“ - im Gegensatz zu früher, als Lehre und Forschung hauptsächlich auf dem Campus stattfanden.
Wenn maschinelle Assistenz in das Studieren und wissenschaftliche Arbeiten integriert werde, müsse es auch eine Qualitätskontrolle außerhalb des maschinellen Lernens geben, sagte Jäckel. Hier sei mehr Begegnung und Austausch nötig: „So klassisch es klingen mag, aber hier macht 'Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser' für Lehrende und Studierende Sinn“, erklärte der Soziologe mit Blick auf das, was nun durch KI-Werkzeuge in der Regel in Windeseile zur Verfügung steht.
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit KI ist laut Jäckel selbst zu einem eigenen und wachsenden Forschungsfeld geworden. Neben die Faszination über die neuen Möglichkeiten trete die Sorge, dass durch KI sehr schnell neue „Wissenswelten“ entstehen, die aufgrund der Eigenlogik eine bestimmte Richtung bevorzugen, gibt Jäckel zu bedenken: „Der Blick von außen wird zur wichtigsten Eigenleistung: Nur wenn wir bewusst einen Schritt zurücktreten, kann unsere scheinbar 'altmodische' Kompetenz noch zum Tragen kommen. 'Kopfplagen', wie es früher einmal hieß“ - also eigene geistige Anstrengung - „muss nicht unnütz sein“.