
Anti-Atomkraft-Initiativen wenden sich gegen den geplanten Bau neuer Lagerhallen an der Urananreicherungsanlage in Gronau (UAG). Mit einer Genehmigung forciere das Land NRW den Weiterbetrieb der UAG, kritisierte der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) in Gronau unter Hinweis einer Bekanntmachung des NRW-Wirtschaftsministeriums vom 9. April mit. Dabei hätten schon 2016 alle Umweltministerinnen und Umweltminister der Bundesländer die Stilllegung der Urananreicherungsanlage gefordert. „Darauf muss Wirtschaftsministerin Neubaur jetzt endlich aufbauen“, sagte BBU-Vorstand Udo Buchholz.
Der UAG-Betreiberkonzern Urenco will laut der im Ministerialblatt NRW veröffentlichten Bekanntmachung unter anderem vier neue Hallen für defekte und kontaminierte Uran-Zentrifugen auf dem Gelände in Gronau bauen. Die Umgangsmenge für angereichertes Uran mit einem Anreicherungsgrad von maximal sechs Gewichtsprozent Uran-235 würde damit um 30 Tonnen steigen. Wie das NRW-Wirtschaftsministerium mitteilte, muss dazu keine eigene Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden, „weil das Änderungsvorhaben keine zusätzlichen oder anderen erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen hervorrufen kann“.
Atomkraft-Gegner Buchholz warf Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) vor, beim Genehmigungsverfahren relevante Fragen zum Strahlenschutz „auszublenden“. Es sei nicht nachvollziehbar, warum ihr Ministerium die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ablehne, sagte er. „Unklar ist zum Beispiel, ob die ausrangierten Uran-Zentrifugen 'nur' mit Uran oder auch mit anderen radioaktiven Stoffen verseucht sind.“ Auch sei etwa die Größe des geplanten Lagers nicht bekannt.
Das Wirtschaftsministerium wies die Vorwürfe zurück. Die getroffene Entscheidung, keine eigenständige Umweltverträglichkeitsprüfung für die beantragte Lagerhalle durchzuführen, basiere auf einer rechtlichen Prüfung, sagte eine Sprecherin dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Es handelt sich um ein verwaltungsrechtliches Verfahren, das strengen sicherheits- und umweltrechtlichen Anforderungen unterliegt. Die Gründe, die zu dieser Entscheidung geführt haben, sind veröffentlicht.“
Im noch laufenden Genehmigungsverfahren würden alle Aspekte des Strahlenschutzes, der Lagerungssicherheit und der möglichen Umweltauswirkungen geprüft, betonte die Sprecherin. Sie bekräftigte, „dass sich die Landesregierung deutlich zum Atomausstieg bekennt“. Ein Auslaufen der Betriebsgenehmigungen der Urananreicherungsanlage Gronau sei jedoch nicht Teil des Atomausstiegs Deutschlands.
Udo Buchholz vom BBU forderte eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung in der Frage, mit Auslegung der Antragsunterlagen, Einspruchsfrist und Erörterungstermin. „Entsprechend verläuft auch in Niedersachsen das Genehmigungsverfahren zum Einstieg des russischen Atomkonzerns Rosatom bei der Brennelementefabrik in Lingen“, sagte das Ratsmitglied der Grün-Alternativen Liste in Gronau.
Die westfälische Stadt Gronau ist seit 1985 Standort der einzigen Urananreicherungsanlage Deutschlands. Dort wird Uranhexafluorid für die Weiterverarbeitung zu Brennelementen für Atomkraftwerke in einem sogenannten Zentrifugen-Verfahren angereichert. Betreiber ist der international tätige Urenco-Konzern, an dem die niederländische und die britische Regierung je ein Drittel der Anteile halten. Das übrige Drittel teilen sich die Energiekonzerne RWE und E.ON. Die Uran-Fabrik ist vom deutschen Atomausstieg ausgenommen und hat eine unbefristete Betriebsgenehmigung.