Lebenslange Haft für Mörder von Rouven Laur
Oberlandesgericht
Das Oberlandesgericht in Stammheim/Stuttgart (Archivbild)
Richter: Kein Urteil bringt getöteten Polizisten zurück
Mannheim/Stuttgart (epd)

Nach dem tödlichen Messerangriff auf dem Marktplatz in Mannheim im Mai 2024 ist der Angeklagte Sulaiman A. wegen Mordes an dem Polizisten Rouven Laur, versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen und der gefährlichen Körperverletzung in einem Fall zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Außerdem wiege die Schuld des Angeklagten besonders schwer, sagte der Vorsitzende Richter Herbert Anderer am 16. September bei der Urteilsverkündung vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht in Stuttgart-Stammheim (Aktenzeichen 5 St 2 BJs 231/24). Die besondere Schwere der Tat sorge dafür, dass die lebenslange Freiheitsstrafe nach 15 Jahren wohl nicht zur Bewährung ausgesetzt werden wird, eine Freiheit nach 15 Jahren sei «nicht zu verantworten».

Man habe 31 Prozesstage versucht, zu erklären, was der Angeklagte getan und angerichtet habe, so der Richter in seiner Urteilsbegründung. Es sei im Prozess immer deutlicher geworden, wie viele Menschen an den Folgen der Tat zu tragen haben. Betroffen seien nicht nur die Opfer der Tat, sondern auch deren Ehepartner und deren Familien. Auch Polizeibeamte und Ärzte seien traumatisiert, wie der Arzt, der viele Stunden versucht habe, das Leben von Rouven Laur zu retten. Und auch die Frau und die Kinder des Täters seien unter den Leidtragenden.

Der Richter wandte sich an die Mutter des getöteten Polizisten und an dessen Familie: «Sie stechen natürlich heraus, ihr Sohn ist tot und natürlich gibt kein Mittrauern, kein Urteil den Sohn wieder.» Deshalb wolle er bewusst nicht den Täter, sondern erst das am meisten getroffene Opfer in den Blick nehmen: den Polizisten Rouven Laur. Laur sei ein Beamter gewesen, «der dafür stand, dass das Recht für alle gleichermaßen gilt». Er habe für den Rechtsstaat gestanden und sei dafür gestorben.

Alle, die am Tattag eingegriffen hätten, hätten ihr Bestes gegeben. «Zum Täter wurden nur Sie», sagte der Richter und wandte sich an Sulaiman A. Der Angeklagte habe bereits zwei Jahre vor der Tat im Internet dschihadistisches Propagandamaterial geteilt und sei per Telegram mit einem «Gelehrten» in Kontakt gewesen, der ihm gesagt hätte, dass es nicht nur legitim, sondern seine Pflicht sei, «Ungläubige» zu töten. Daraufhin habe er mit der Planung seiner Tat begonnen, bestellte Jagdmesser und Klappmesser sowie eine Präzisionsschleuder mit Munition.

Am Tattag habe er das Ziel gehabt, zuerst den Islamkritiker Michael Stürzenberger zu töten und dann direkt andere Teilnehmer der Kundgebung. Auch Polizeibeamte wollte er angreifen, die er als Repräsentanten des von ihm abgelehnten Staates gesehen habe. Sein Ziel sei gewesen, größtmöglichen Schaden anzurichten und als «Märtyrer» ins Paradies einzugehen. Diese Absicht werde unter anderem dadurch belegt, dass er sich bei seiner Mutter mit einer Nachricht vor der Tat verabschiedete. Ein weiterer Hinweis könne sein, dass er seine Haare und seinen Bart kürzte, um in «reinem Zustand» zu sterben.

Wie das Oberlandesgericht Stuttgart mitteilte, habe der Senat keine Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Es lasse sich nicht «mit hinreichender Sicherheit» feststellen, dass den Angeklagten eine «persönlichkeitsimmanente besondere Gewaltbereitschaft oder Aggressivität auszeichnet». Außerdem bleibe der Angeklagte sowieso wegen der besonderen Schwere der Tat solange in Haft, wie er für die Allgemeinheit gefährlich sei.

Warum habe es einen aufwändigen Prozess gebraucht, obwohl es ein Video der Tat gab? Sei das nicht übertrieben, fragte der Richter in seiner Urteilsbegründung. «Nein denn Unrecht begegnet der Rechtsstaat mit Recht.»

Am 31. Mai 2024 hatte der damals 25-jährige Afghane Sulaiman A. auf dem Mannheimer Marktplatz mehrere Menschen am Stand der islamkritischen Bürgerbewegung «Pax Europa» mit einem Messer angegriffen, darunter auch den Vorsitzenden der Bewegung, Michael Stürzenberger. Der 29-jährige Polizist Rouven Laur wollte eingreifen und erlitt dabei mehrere Stiche im Kopfbereich, an denen er zwei Tage später starb. Fünf weitere Menschen waren schwer verletzt worden.

 

(epd)