Mehr Obdachlose in Berliner Arztpraxen behandelt
Berlin (epd).

Immer mehr Menschen ohne Krankenversicherung werden in Berliner Arztpraxen kostenlos behandelt. Wie der Runde Tisch „Medizinische und zahnmedizinische Versorgung obdachloser Menschen“ am Montag bei der Vorstellung seines zweiten Gesundheitsberichts mitteilte, wurden 2023 fast 10.000 Personen in medizinischen Praxen für wohnungslose und nicht krankenversicherte Menschen behandelt. Dies sei ein Anstieg um mehr als elf Prozent gegenüber dem Vorjahr, erklärte Kai-Gerrit Venske vom Caritasverband Berlin der katholischen Kirche. Insgesamt seien 33.108 Behandlungen in den zwölf Einrichtungen gezählt worden.

Dies sei eine Steigerung um elf Prozent gegenüber dem Vorjahr, hieß es. Die Zahlen seien seit 2020 jährlich angestiegen. Einen Höchststand habe es zuvor 2019 mit rund 35.000 Vorstellungen gegeben. Ebenso habe sich die Gesamtzahl der erfassten Patienten und Patientinnen 2023 im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent erhöht. Mehr als jeder dritte Patient sei aus dem EU-Ausland gekommen, 40 Prozent aus Drittstaaten. Die häufigsten Diagnosen seien Verletzungen und Infektionen der Haut gewesen, gefolgt von Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der weit überwiegende Teil der Patienten seien Männer gewesen.

Auch im Bereich der zahnmedizinischen Versorgung wurde den Angaben zufolge ein Anstieg der Konsultationen verzeichnet. Dort stieg die Zahl von 1.340 im Jahr 2022 auf mehr als 1.600 im Folgejahr an. Gerade einmal zwölf Prozent aller Patienten seien krankenversichert gewesen, hieß es. Laut Senatsgesundheitsverwaltung leben mindestens 55.000 wohnungslose Menschen in Berlin, davon mehr als 6.000 auf der Straße.

Venske betonte, nur ein Teil der medizinischen Hilfsprojekte werde vom Senat gefördert. Christin Recknagel von der Praxis am Stralauer Platz des Sozialträgers Gebewo Pro betonte, viele der Einrichtungen kämpften selbst ums Überleben.

Die Berliner Krankenhäuser bleiben den Angaben zufolge durch fehlende Rückerstattung für die Behandlung unversicherter und mittelloser Menschen auf mindestens zehn Millionen Euro pro Jahr sitzen. Der Geschäftsführer der Berliner Krankenhausgesellschaft, Marc Schreiner, betonte, die Rückerstattung dieser Kosten scheitere regelmäßig an der mangelnden Mitwirkung der Berliner Bezirke, die laut Gesetz zur Kostenübernahme verpflichtet seien.

Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) erklärte, Berlin habe sich 2022 als erstes Bundesland Gesundheitsziele für obdachlose Menschen gegeben. 2024 habe die Landesgesundheitskonferenz ein Konzept zur niedrigschwelligen ambulanten Gesundheitsversorgung für Menschen ohne eigenen Wohnraum verabschiedet. Die Umsetzung im Detail müsse jedoch noch erarbeitet und die Finanzierung geklärt werden. Sie erwarte daher, dass das Konzept frühestens 2028 in Kraft treten kann, betonte Czyborra.

Der erste Bericht des Runden Tisches war 2018 erschienen. Dort beteiligen sich alle Dienste, die in der medizinischen und zahnmedizinischen Versorgung obdachloser und nicht krankenversicherter Menschen tätig sind. Dazu gehören unter anderem die Caritas, die Malteser, die Berliner Stadtmission und die Jenny-de-la-Torre-Stiftung.