Das christliche Kinder- und Jugendwerk „Die Arche“ hat am Dienstag in Berlin sein 30-jähriges Bestehen gefeiert. „Kinder dürfen niemals ein Armutsrisiko sein“, sagte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) auf der Feier im Stadtteil Hellersdorf. Unter den mehreren hundert Gästen waren auch Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD), die frühere Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau (Linke), Schauspielerin Uschi Glas und TV-Moderator Jörg Pilawa.
Bundesweit gibt es den Angaben zufolge heute 35 „Arche“-Einrichtungen. Hier finden rund 10.000 Kinder regelmäßig kostenlose Unterstützung. „Arche“-Gründer Bernd Siggelkow blickt jedoch ambivalent auf das 30-jährige Bestehen seiner Einrichtung. Über die Jahre hinweg bezeichnete der Pastor den Erfolg der „Arche“ wiederholt als „Misserfolg von Gesellschaft und Politik“.
Aufstiegsversprechen gilt nicht mehr
Kai Wegner kritisierte, das „Aufstiegsversprechen, das Deutschland mal gegeben hat, ist nicht mehr so leicht zu erfüllen“. Franziska Giffey erklärte, sie sei einst in Neukölln in die Politik gegangen, weil sie gesehen habe, wie viele Kinder nicht die gleichen Chancen haben.
Eine persönliche Geschichte erzählte Safa I., eine 18-jährige Jesidin. Sie sei im Alter von sieben Jahren aus dem Irak geflohen, wo der Islamische Staat 2014 einen Völkermord an den Jesiden beging. Ohne die Unterstützung von den „Arche“-Mitarbeitenden und Bernd Siggelkow hätte sie es in Deutschland nicht geschafft, berichtete sie: „Die Arche ist mein zweites Zuhause.“
Der evangelische Berliner Bischof Christian Stäblein nannte es in einem Grußwort traurig, dass „das reiche Deutschland immer noch 'Archen' nötig hat“. Es könne nur das Ziel sein, dass keine „Archen“ mehr benötigt werden.
Mehrere Botschafter der „Arche“ äußerten sich auf dem Jubiläum zu ihrer Motivation. Darunter befanden sich der Hertha-Torwart Marius Gersbeck, die „GZSZ“-Stars Susan Sideropoulos und Wolfgang Bahro, Schauspieler Erdogan Atalay („Alarm für Cobra 11”) und die Heavy-Metal-Band für Kinder, “Heavysaurus".
Fast jedes vierte Kind armutsgefährdet
Bei der Feier war der 61-jährige Bernd Siggelkow sichtlich gerührt. Er sei viel von Medien gefragt worden, ob er stolz sei, sagte der Pastor. Seine Antwort sei nein. Aber, sagte er, zu den Kindern und Ehemaligen gewandt: „Ich bin stolz auf euch.“ Solange er lebe, „werden wir kämpfen, dass kein Kind mehr in die 'Arche' kommen muss.“
Einer Anfrage der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus vom Juni zufolge sind in Berlin knapp 147.000 Kinder armutsgefährdet. Das ist fast jeder vierte Minderjährige (23,2 Prozent).
In drei Berliner Bezirken ist sogar fast oder mehr als jedes dritte Kind betroffen. Neukölln (34,7 Prozent), Mitte (32,9 Prozent) und Spandau (31,7 Prozent) weisen demnach die höchsten Werte auf. Dagegen sind in Steglitz-Zehlendorf (11,1 Prozent) und Pankow (11,9 Prozent) prozentual die wenigsten Kinder armutsgefährdet.
Armutsgefährdet bedeutet, dass die Kinder und Jugendlichen in Haushalten aufwachsen, die Bürgergeld beziehen. Davon lebten wiederum viele Kinder bei einem alleinerziehenden Elternteil (68.756).