Die Friedenstein Stiftung Gotha hat mehr als 500 Zeugnisse aus dem Eigentum der Verleger-Familien Perthes/Emminghaus übernommen. Die Gemälde, Grafiken und Druckwerke seien nach 1945 den Alteigentümern unrechtmäßig entzogen worden, teilte die Stiftung am Donnerstag in Gotha mit. Die Übereignung erfolgte nun für einen symbolischen Betrag und umfasst 24 Familienporträts, zahlreiche kartografische Objekte wie Atlanten, Karten, Schulbücher und Arbeitszeugnisse aus der Geschichte des 1785 in Gotha gegründeten Verlages Justus Perthes.
Laut dem Verhandlungsführer der Familien, Stephan Justus Perthes, wurde die Übertragung der Objekte seit 2018 vorbereitet. Da die Enteignung von 1953 sowohl den Verlag als auch den Gothaer Privatbesitz der Familien umfasste, müssten jetzt Friedenstein Stiftung und die Forschungsbibliothek Gotha klären, wer Eigentümer der einzelnen übertragenen Objekte sein soll, sagte Perthes dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Gemälde etwa könnten auf dem Friedenstein verbleiben, weil sie nie mit dem Verlag in Verbindung standen. Alle kartografisch-historischen Objekte sollten idealerweise der sogenannten Sammlung Perthes zugeordnet werden. Die Familie habe diesbezüglich aber keinerlei Mitspracherecht mehr.
Das einmalige Kartenarchiv der Perthes-Verlage wurde bereits 2003 vom Freistaat erworben. „Uns ging es darum, den Weg freizumachen, damit die restlichen Objekte den richtigen Einrichtungen zugeordnet werden können“, sagte Perthes.
Vereinbart wurde, dass die neuen Eigentümer die überlassenen Objekte, wenn notwendig, restaurieren und für Forschung und Ausstellungen zur Verfügung stellen. Stephan Justus Perthes hofft, dass die Sammlung künftig wieder in einer Dauerausstellung zu sehen sein wird. Mit 185.000 Kartenwerken und 800 laufenden Metern Akten aus der Verlagsgeschichte besitze der Freistaat einzigartiges Quellenmaterial zur Entwicklung der Kartographie und Geographie im 19. und 20. Jahrhundert. „Das ist er wert, gezeigt zu werden“, sagte Perthes.
Das nun übertragene Konvolut wurde beim Kauf der Sammlung Perthes von 2003 den Angaben zufolge übersehen. Es lagerte damals in den Depots auf dem Friedenstein. Jüngste Recherchen der Forschungsbibliothek ergaben, dass die Familienporträts schon 1953 in die Sammlungen der heutigen Friedenstein Stiftung gelangt seien. Die kartografischen Objekte aus den historischen Verlagssammlungen habe der VEB Hermann Haack als sozialistischer Nachfolgebetrieb des Perthes Verlags im Jahr 1985 dem „Museum für Kartographie“ zur Verfügung gestellt.
Nach der Schließung des Museums in den 1990-er Jahren verblieben die Objekte in der Stiftung, ohne dass eine eigentumsrechtliche Klärung erfolgte. Sie waren deshalb weiterhin legitimes Eigentum der Familien Perthes/Emminghaus.
Die Sammlung Perthes Gotha vereint die historischen Überlieferungen des Verlages Justus Perthes Gotha (gegründet 1785), der Geographischen Verlagsanstalt Justus Perthes Darmstadt (gegründet 1953) und des VEB Hermann Haack Gotha (bis 1991). Die Bestände dokumentieren die letzte Phase des Entdeckungszeitalters, in dem Kontinente und Polargebiete des Planeten erforscht wurden.