Christ und Jäger - ein Widerspruch?
Hubertus lehrt die Liebe zur Natur
Magdeburg (epd).

„Jagd bedeutet für mich nicht, Trophäen zu sammeln, sondern die Verantwortung für ein ausgewogenes Miteinander von Wild und Natur zu übernehmen“, sagt die Christin und Hobbyjägerin Grit Matz aus der Magdeburger Börde. Sie erinnert an das Gotteswort „Machet euch die Erde untertan und herrschet (…) über alles Getier, das auf Erden kriecht“. Daraus leitet sie den Anspruch ab, die Natur und alle Tiere zu achten und zu bewahren. Als Jägerin gehören Leben und Sterben für Grit Matz untrennbar zusammen. Wenn ein Tier erlegt wird, dann „geschieht das mit Respekt und Dankbarkeit, nicht leichtfertig und nicht aus Willkür“.

Auch Uwe Jauch, Superintendent des Kirchenkreises Haldensleben-Wolmirstedt, ist passionierter Jäger und teilt diese Sicht. Für ihn ist der Hubertustag deshalb auch wie ein zweites Erntedankfest: „Wir sehen dankbar auf das Wild in Wald und Flur. Das ist uns Menschen wichtig: Die Bewirtschaftung von Feld und Wald gehören zusammen.“

Für Uwe Jauch ist die Lebensumkehr des zuvor ruchlosen Jägers Hubertus zum Einsiedler und geweihten Priester „eine bedenkenswerte Lebenssituation. Das sollte auch den modernen Jäger zum Nachdenken bringen, mal innezuhalten und auch darüber nachzudenken, was wirklich im Leben trägt.“ Die Bewahrung der Schöpfung ist so kein plakatives Wort, sondern das Hegen und Pflegen von Wald und Wild, auch Achtung vor dem Leben.

In vielen Kirchgemeinden in Anhalt und der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland gibt es in diesen Tagen Hubertusmessen, Jägerandachten oder Hubertuskonzerte. Vielerorts bereichern Jagdhornbläser und „Grünröcke“ die Gottesdienstgemeinde. So am Sonntag, 2. November, in der Marienkirche in Stendal, in der Stadtkirche in Lutherstadt Wittenberg, in der Hubertuskirche in Bebertal, in der Stabkirche Stiege im Harz, der Nikolaikirche in Aken an der Elbe, der Bergkirche in Schleiz oder der Martinskirche in Schwarza am Thüringer Wald.

Spricht man mit Jägern über ihre Passion, dann spürt man, dass es den meisten Ernst ist mit der viel zitierten Waidgerechtigkeit und der Achtung vor dem Leben. Vielmehr stehe die Jagd, der blanke Abschuss des Wildes, erst am Ende vieler anderer Tätigkeiten. So diene das scheinbar ziellose Streifen durch Wald und Feld oft der Bestandskontrolle und dem Erkennen von kranken oder verletzten Tieren. Auch um Wildverbiss an Bäumen oder andere Wildschäden auf den Feldern zu erfassen, sind Jägerinnen und Jäger in ihren Revieren unterwegs.

Für Uwe Jauch ist die Jägerei deshalb ein Ausdruck des nachhaltigen Umgangs mit der Natur. Im Wald lerne man „an die Generationen nach uns zu denken, die Erde mit ihren Pflanzen und Tieren zu erhalten“. Dazu gehöre aber auch, bei Wildunfällen den verletzten Tieren nachzugehen und sie von ihren Qualen zu erlösen.

Das kennt auch Grit Matz. Und sie ergänzt: „Ein gesunder Wildbestand ist im Interesse aller, der Tiere, der Land- und Forstwirtschaft und letztlich auch der Jäger selbst.“ Sie glaube, dass Gott den Menschen die Schöpfung anvertraut habe, damit diese sie pflegen und im Gleichgewicht halten. „Ein friedvolles Sterben des Wildes und die sinnvolle Nutzung des Fleisches sind für mich Ausdruck der Achtung vor dem Leben“, sagte Grit Matz. Und so ist Wildbret für sie auch immer noch etwas Besonderes, zumeist für Feiertage oder Familienfeste, so die Jägerin.

Da ihr Mann auch Jäger ist und ihr Sohn gern in freier Natur unterwegs ist, findet man die drei oft gemeinsam in Feld und Flur. „Am Jägersein begeistern mich vor allem die Ruhe und die Nähe zur Natur“, sagt Grit Matz. Sie begeistert sich an der Schönheit der Schöpfung: „Draußen zu sein, in Feld und Wald, den Alltag hinter sich zu lassen und die Stille der Landschaft zu erleben, ist für mich eine besondere Form der Entspannung“, ergänzt die Christin aus der Magdeburger Börde. „Die Beobachtung von Wildtieren und das bewusste Wahrnehmen der Natur schenken mir innere Ausgeglichenheit und Dankbarkeit.“

Von Thomas Nawrath (epd)