Große Mehrheit der Berliner für Gedenkstättenbesuche im Unterricht
Berlin (epd).

Mehr als acht von zehn Berlinerinnen und Berlinern (84 Prozent) sprechen sich dafür aus, Besuche in Gedenkstätten und an Erinnerungsorten der DDR fest in den Lehrplänen der Schulen zu verankern. Das geht aus einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Berliner Beauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (BAB), Frank Ebert, hervor, die am Mittwoch in der Hauptstadt vorgestellt wurde. 80 Prozent der Befragten ist es demnach auch wichtig, die Erinnerung an die politische Verfolgung in der DDR lebendig zu halten. 73 Prozent finden, dass mehr an Opposition und Widerstand in der DDR erinnert werden sollte.

Nur drei Prozent der Befragten gaben an, noch keine Gedenkstätte, kein Museum oder einen Erinnerungsort mit DDR-Bezug in Berlin besucht zu haben. Die meisten waren demzufolge am Checkpoint Charlie (76 Prozent), an der Eastside Gallery (69 Prozent) und in der Gedenkstätte Berliner Mauer (59 Prozent). Orte wie die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen (29 Prozent), das Stasimuseum (19 Prozent), die Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde (neun Prozent) oder der Lernort Keibelstraße (zwei Prozent) seien hingegen deutlich seltener aufgesucht worden.

Emotional berührt

Drei Viertel (75 Prozent) berichteten, der Besuch habe sie emotional berührt. Fast ebenso viele (72 Prozent) gaben an, dabei neues Faktenwissen gewonnen zu haben.

Laut Umfrage kennen Menschen aus Westdeutschland und West-Berlin häufiger die touristisch geprägten Orte wie den Checkpoint Charlie und die Eastside Gallery. Personen mit DDR-Hintergrund haben dagegen häufiger die Gedenkstätte Hohenschönhausen, das Stasimuseum und den Campus für Demokratie besucht. Alle drei Orte liegen außerhalb des S-Bahn-Rings tief in Ost-Berlin.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sprach bei der Präsentation der Ergebnisse von „wichtigen Erkenntnissen“. Die Studie zeige, wie unterschiedlich die Erinnerung ist und wo in der historischen und politischen Bildung noch stärker angesetzt werden müsse. „Die Aufarbeitung der SED-Diktatur ist und bleibt eine dauerhafte Aufgabe für Bildung, Forschung und die öffentliche Diskussion“, sagte Wegner: „Sie stärkt unser Bewusstsein für Freiheit und Demokratie.“

Wissen über DDR wachhalten

Laut dem Berliner Aufarbeitungsbeauftragten Ebert zeigen die Umfrageergebnisse, dass die Menschen in Berlin sich wünschen, auch bei jüngeren Generationen das Wissen über die DDR wachzuhalten. Die Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Berlin leisteten hervorragende Arbeit. Gleichzeitig müssten Orte wie der Lernort Keibelstraße und der Campus für Demokratie bekannter gemacht werden. „Trotz finanziell angespannter Zeiten ist es wichtig, jetzt nicht am falschen Ende zu sparen“, betonte Ebert.

Die Bevölkerungsbefragung ist der dritte Teil einer umfassenden Evaluierung der Aufarbeitung der SED-Diktatur in Berlin. Für die Untersuchung wurden 1.643 Berlinerinnen und Berliner ab 16 Jahren befragt. Forsa-Geschäftsführer Peter Matuschek erklärte, mit der Studie liege erstmals eine empirische Befragung zur Erinnerungskultur und zur Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit auf breiter Datenbasis vor.

Von Markus Geiler (epd)