Forscher haben fast vergessenes KZ-Außenlager rekonstruiert
Ellrich (epd).

Experten der Landesdenkmalämter von Thüringen und Niedersachsen haben die Baugeschichte des KZ-Außenlagerlagers Juliushütte in Ellrich bei Nordhausen erforscht. Wie das Forschungsteam am Montag mitteilte, kann nun erstmals ein detaillierter und weitestgehend vollständiger Plan des Lagers erstellt werden, der den Stand des Ausbaus zum Zeitpunkt der Räumung Anfang April 1945 dokumentiert. Rekonstruiert wurde das heute weitgehend zerstörte Lager mithilfe von historischem Quellenmaterial, Bodenuntersuchungen sowie vereinzelten Grabungen im Gelände.

Anstoß für das Forschungsprojekt gab nach Aussage von Ellrichs Bürgermeister Henry Pasenow (CDU) die Entdeckung eines bis zu diesem Zeitpunkt unbekannten Massengrabs auf dem Gelände. Engagierte Bürgerinnen und Bürger drängten darauf, diesen Ort zu einem Gedenk- und Lernort zu entwickeln. Dafür habe er jedoch zunächst wissenschaftlich erforscht werden müssen. Inzwischen sei die archäologische Suche nach den Gebäuderesten abgeschlossen. Darauf aufbauend könne und müsse nun der Einstieg in die Konzeption eines Gedenkortes beginnen.

Das KZ-Außenlager war nach dem Zweiten Weltkrieg in Vergessenheit geraten, da die Grenze zwischen beiden deutschen Staaten nach 1949 mitten durch das Lager verlief. Bis 1964 hatten die DDR-Grenztruppen und der westdeutsche Bundesgrenzschutz fast alle baulichen Reste des Lagers gesprengt und eingeebnet. Erst nach dem Fall der innerdeutschen Grenze sei das ehemalige KZ-Außenlager wieder zugänglich gewesen, hieß es.

In dem gemeinsamen Projekt der beiden Landesdenkmalämter konnten den Angaben zufolge erstmals der genaue Verlauf des Lagerzauns und die Position der Wachtürme nachvollzogen werden. Ebenfalls identifizierten die Wissenschaftler seit 2019 neben den exakten Standorten der meisten Gebäude auch zwei Areale, in denen die sterblichen Überreste der Opfer abgelegt wurden. Im letzten Monat des Lagerbetriebs hatte die SS im Krematorium und auf Scheiterhaufen bis zu 1.000 Leichen verstorbener Häftlinge verbrannt.

Wie Vermessungen und punktuelle Grabungen ergaben, liegen die Überreste der Toten den Angaben zufolge immer noch an dieser Stelle unter einer dünnen Humusschicht im Wald. Von einer Umbettung wurde seitens der beteiligten Landesämter Abstand genommen. Stattdessen soll um das Massengrab herum ein würdiger Gedenkort geschaffen werden.

Noch immer unbekannt ist laut den beteiligten Archäologen der Zweck eines Bauvorhabens, das auf heute niedersächsischer Seite bis unmittelbar vor der Evakuierung des Lagers vorangetrieben wurde. Vermutet werde, dass dort eine betonierte Grube entstehen sollte, in der Leichen verbrannt werden sollten, hieß es. Von dem nicht fertiggestellten Bauwerk seien noch Reste vorhanden.

Das zeitweise mit mehr als 8.000 Häftlingen belegte Lager Juliushütte war ein Außenlager des Konzentrationslagers Mittelbau Dora und bestand vom 1. Mai 1944 bis zum 6. April 1945. Dort waren vor allem französischsprachige Kriegsgefangene inhaftiert, von denen viele der französischen Widerstandsbewegung der Resistance angehörten. In der französischen Erinnerungskultur hat Ellrich-Juliushütte daher einen hohen Stellenwert.