
Der Bremer Kita-Experte und Verbandschef Carsten Schlepper hat eine mangelnde Sprachkompetenz von Kindern kritisiert. „Haben Kindern keine ausreichenden sprachlichen Kompetenzen, ist nicht nur ihre kognitive, sondern auch ihre sozial-emotionale Entwicklung gefährdet, weil sie sich nicht angemessen mitteilen können“, sagte Schlepper am Dienstag in der Hansestadt. Dies sei ein „Teufelskreis“. Nach seinen Angaben kann fast jedes zweite Kind in Bremen am Ende der Kita-Zeit nicht ausreichend Deutsch sprechen. Dies erschwere den späteren schulischen Bildungsweg deutlich.
Wem die Wörter fehlten, der könne keine verständlichen Sätze formulieren und habe wenig Freude zu sprechen, sagte Schlepper. „Die Kommunikation nimmt ab, statt miteinander ins Gespräch zu kommen.“ Schlepper leitet den Landesverband Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder und ist auch Vorsitzender des bundesweiten Kita-Dachverbands in der evangelischen Kirche.
In Bremen sprachen 43 Prozent aller Kita-Kinder zu Hause überwiegend eine andere Sprache als Deutsch, erläuterte der Diplom-Pädagoge. Damit liege Bremen an der Spitze der bundesweiten Statistik. Für Niedersachsen zeigen laut einem Bericht des Landesgesundheitsamts die Schuleingangsuntersuchungen aus den vergangenen Jahren, dass insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund bei der Sprachentwicklung trotz Kita-Besuchs Rückstände haben.
Im Jahr 2023 hatten einer Studie der Kaufmännische Krankenkasse zufolge bundesweit 8,6 Prozent der 6- bis 18-jährigen Kinder und Jugendlichen eine Sprach- oder Sprechstörung. Das entspricht etwa jedem 15. Mädchen und jedem 10. Jungen. Bei den 6- bis 10-Jährigen litt rund jedes sechste Kind unter behandlungsbedürftigen Sprachdefiziten wie Problemen bei der Laut- und Satzbildung, begrenztem Vokabular oder Grammatikschwächen.
Mit Blick auf eine gesunkene Sprachkompetenz von Kita-Kindern in Bremen kritisierte Schlepper, dass Mittel für die Sprachförderung nur befristet und projektbezogen bereitgestellt würden. „Das muss sich ändern, um die Infrastruktur im erforderlichen Umfang auszubauen und nachhaltige Verbesserungen zu erreichen“, sagte er. „Hier ist die bremische Politik ebenso wie die Bundespolitik gefordert.“ Schlepper zufolge sollten Sprachbildung und Sprachförderung als wesentliche Bestandteile des Angebotes in der Kindertagesbetreuung verankert sein.
Eine dialogorientierte Sprachförderung erfordere, dass Fachkräfte ausreichend Zeit für eine direkte persönliche Förderung der Kinder oder eine Förderung in Kleingruppen hätten, hieß es. Angesichts einer dünnen Personallage und einem Mangel an qualifizierten Sprachförderkräften sei eine solche Einzelförderung jedoch nicht in ausreichendem Maße möglich. In Bremen sollen nun an 13 Standorten, an denen es zahlreiche Kinder mit erhöhtem Förderbedarf gibt, qualifizierte Spracherzieherinnen und -erzieher eingesetzt werden und die Fachkräfte im Gruppendienst unterstützen.