
Mit Ursula Krechel zeichnet die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung eine Autorin aus, die laut Jury dazu anregt, die Spuren der Vergangenheit im Alltag der Gegenwart aufzufinden.
Darmstadt (epd). Den Georg-Büchner-Preis 2025 bekommt die Schriftstellerin Ursula Krechel. Die 1947 in Trier geborene Autorin setze mit ihren Gedichten, Theaterstücken, Hörspielen, Romanen und Essays den Verheerungen der deutschen Geschichte und den „Verhärtungen der Gegenwart die Kraft ihrer Literatur“ entgegen, begründete die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt am 15. Juli die Wahl. In ihrer Lyrik nehme sie Redewendungen beim Wort und seziere die Versehrungen und Hoffnungen des Alltags. Ihre Romantrilogie „Shanghai fern von wo“ (2008), „Landgericht“ (2012) und „Geisterbahn“ (2018) werte die Jury als „eine große Erzählung der Vertreibung und Verfolgung von Juden und Sinti und der Rückkehr in ein Deutschland, in dem das Exil in die Erfahrungen von Fremdheit und Nicht-Zugehörigkeit mündet“.
Themen Flucht, Exil, Gewalt und Feminismus in Krechels Werk
Selbstbehauptung, Wiederentdeckung und Fortentwicklung weiblicher Autorschaft zieht sich den Angaben zufolge durch Krechels Schaffen, die Themen Flucht, Exil, Gewalt und Feminismus seien von Anfang an in ihrem Werk präsent. Sie rege ihre Leserschaft an, die Spuren der Vergangenheit im Alltag der Gegenwart aufzufinden und „das Hier und Jetzt der deutschen Gesellschaft nicht hinzunehmen, wie es ist“.
Die vielfach ausgezeichnete Autorin lehrte als Gastprofessorin unter anderem in Leipzig und Berlin. Krechel hat laut Mitteilung Germanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte in Köln studiert und war als Dramaturgin an den Städtischen Bühnen Dortmund tätig. Sie engagierte sich ehrenamtlich in der Theaterarbeit mit jugendlichen Untersuchungshäftlingen und ist Regisseurin eigener Hörspiele.
Bedeutendste literarische Auszeichnung im deutschen Sprachraum
Mit dem Theaterstück „Erika“ gab die promovierte Schriftstellerin 1974 ihr Debut. Ihren ersten Gedichtband veröffentlichte Krechel 1977 unter dem Titel „Nach Mainz!“, ihren ersten Roman 1981 („Zweite Natur“). Zu ihren letzten Veröffentlichungen zählen „Beileibe und zumute. Gedichte“ (2021) und der Essayband „Gehen, Träumen, Sehen. Unter Bäumen“ (2022). In diesem Jahr erschienen der Roman „Sehr geehrte Frau Ministerin“ (2025) sowie der Band „Vom Herzasthma des Exils“ (2025).
Der mit 50.000 Euro dotierte Georg-Büchner-Preis wurde erstmals 1923 verliehen. Er gilt als die bedeutendste literarische Auszeichnung im deutschen Sprachraum und wird am 1. November in Darmstadt übergeben. Namensgeber ist der in Darmstadt aufgewachsene Schriftsteller, Naturwissenschaftler und Freiheitskämpfer Georg Büchner (1813-1837). Im vergangenen Jahr erhielt der Schriftsteller Oswald Egger den Preis. Weitere Preisträgerinnen und Preisträger waren Elias Canetti, Heinrich Böll, Ingeborg Bachmann, Paul Celan, Christa Wolf, Erich Fried, Wilhelm Genazino, Felicitas Hoppe und Terézia Mora.
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