
Der Präsident der Diakonie Deutschland, Rüdiger Schuch, fürchtet, dass das Thema Armut in der Bundespolitik „herunterkippt“. Bei einem Besuch in der Ökumenischen Wärmestube der Stadt Nürnberg im Rahmen seiner „Sommerreise“ warnte Schuch besonders vor einer immer schwierigeren Lage auf dem Wohnungsmarkt mit explodierenden Mieten. Sie bereite vielen Menschen Abstiegsängste.
In den Gesichtern der Besucher der Wärmestube sehe er eine sozialpolitische Aufgabe. Obwohl im Freistaat bundesweit die wenigsten Menschen in Armut lebten, wie Schuch einräumte, führe ihn seine Sommerreise zum Thema Armut durch Bayern. Denn hier gebe es große soziale Gegensätze. Rentnerinnen würden durchschnittlich 50 Euro weniger Rente erhalten als Frauen im Bundesschnitt und 350 Euro weniger als Männer. Gleichzeitig würden die Lebenshaltungskosten steigen. In keinem anderen Bundesland sei das Armutsrisiko für Alleinerziehende so hoch wie in Bayern. Er würde sich wünschen, dass Bayern seine wirtschaftliche Stärke nutze und sich auch in der Sozialpolitik mit gutem Beispiel voranstelle, sagte Schuch.
Der Diakoniepräsident ging auch auf den Rekordbundeshaushalt mit Sondervermögen ein. Viele Gelder daraus würden in die Sanierung der Infrastruktur fließen, aber neben der inneren und äußeren Sicherheit brauchten die Menschen auch die soziale Sicherheit. Auch die Debatte um die Reform des Bürgergelds bereite ihm Sorgen, denn viele Empfänger brauchten individuelle Förderung und keine verschärften Sanktionen. „Wir fordern Förderung statt Abwertung“, so Schuch.
Die bayerische Diakoniepräsidentin Sabine Weingärtner erinnerte beim Besuch der Wärmestube daran, dass nach dem Artikel 106 der bayerischen Verfassung jeder Mensch Anspruch auf eine angemessene, bezahlbare Wohnung habe. Sie sehe, dass Wohnungslosigkeit „kein Randphänomen mehr ist“. Rund 10.000 Kinder und Jugendliche würden heute in Bayern in „wohnunglosen Verhältnissen“ leben, weil ihre alleinstehenden Elternteile oder Elternpaare nur in provisorischen Unterkünften lebten, kritisierte Weingärtner. Mit jedem Jahr in einer Notunterkunft würden Menschen ein Stück ihrer gesellschaftlichen Teilhabe verlieren, warnte die bayerische Diakoniepräsidentin. (2393/21.07.2025)