Steinmeier für Reform des Sozialstaats
Erfurt (epd).

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Bundesregierung zu umfassenden Reformen des Sozialstaats aufgefordert. Das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben, von Solidarität und Eigenleistung müsse zeitgemäß neu justiert werden, sagte Steinmeier am Dienstag in Erfurt auf dem 83. Deutschen Fürsorgetag. Dabei gelte es zugleich, das Vertrauen in Gerechtigkeit und Fairness wiederherzustellen.

Steinmeier betonte, hierfür sei es zwingend notwendig, den Sozialstaat jetzt schnell und entschieden effizienter und bürgerfreundlicher zu gestalten. Überfällig seien etwa eine bessere Treffgenauigkeit sozialer Transferleistungen, die Bekämpfung von Missbrauch, die Reduzierung von Doppel- und Dreifachbeantragungen, die Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen und ein verbesserter Austausch der Sozialbehörden untereinander.

Steinmeier bezeichnete den Sozialstaat als eine Ressource, die Deutschland zu dem gemacht habe, was es sei. Der Sozialstaat habe für einen beispiellosen wirtschaftlichen Aufstieg gesorgt und die bislang so stabile Demokratie und den sozialen Frieden der vergangenen Jahrzehnte überhaupt erst möglich gemacht und abgesichert.

Laut Steinmeier hat der Sozialstaat einerseits die Menschen mit den Härten des Lebens nicht alleingelassen. Andererseits dürften seine Leistungen nicht ausgenutzt werden von denen, die sie nicht brauchen.

In einem Grußwort sagte Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) die Mitwirkung seines Bundeslandes bei der Modernisierung des Sozialstaats zu. Er wolle dabei vor allem die Perspektive des Ostens in den Prozess einbringen. Ziel müsse es werden, dass aus Hilfe Gerechtigkeit und aus Fürsorge Gerechtigkeit werde.

Voigt sagte, die Stärke des Sozialstaats hänge davon ab, dass er dauerhaft finanzierbar bleibe. Insofern dürfe auch nur das versprochen werden, was auch bezahlt werden könne. Er zeigte sich überzeugt davon, dass der Fürsorgekongress in Erfurt die großen Fragen der Gegenwart diskutiere. Denn Fürsorge sei ein Band, das diese Gesellschaft verbinde. Es müsse gelingen, Gerechtigkeit und Fürsorge wieder dauerhaft in Balance zu bringen.

Erfurts Oberbürgermeister Andreas Horn (CDU) mahnte an, dass der Wandel in den Fragen einer Sozialstaatsreform immer an den Menschen orientiert sein müsse. Dabei reiche es nicht aus, zu diskutieren. Angesichts des offensichtlichen Veränderungsbedarfs, müsse die Gesellschaft schnell ins Handeln kommen.

Unter dem Motto „Transformationen · Sozial · Machen“ diskutieren auf dem Deutschen Fürsorgetag bis Donnerstag Fachleute die sozialen Auswirkungen gesellschaftlicher Wandlungsprozesse. Insgesamt sind rund 40 Fachforen mit 200 Referenten geplant.

Der Deutsche Fürsorgetag ist seit 1880 der Leitkongress der Sozialwirtschaft. Der Kongress findet alle drei Jahre in Kooperation mit einer Stadt und dem jeweiligen Bundesland statt.