Auch 35 Jahre nach der Wiedervereinigung bleibt das Interesse an den Unterlagen der DDR-Staatssicherheit ungebrochen groß. Das geht aus dem „Zweiten Tätigkeitsbericht des Bundesarchivs über die Arbeit des Stasi-Unterlagen-Archivs“ hervor, der den Zeitraum zwischen Juli 2023 und Juni 2025 umfasst. Demnach wurden in dieser Zeit 39.825 Erstanträge auf Akteneinsicht gestellt, in etwa so viele wie im vorangegangenen Zweijahreszeitraum.
Wie es in dem am Mittwoch an Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) übergebenen Tätigkeitsbericht heißt, wurden zudem 13.821 Wiederholungsanträge von Bürgerinnen und Bürgern auf persönliche Akteneinsicht gestellt. Folgeanträge, etwa zur Übersendung von Kopien oder zur Bekanntgabe von Personen mit Decknamen, summierten sich in diesem Zeitraum auf 5.499. Knapp zwei Drittel der Anträge wurden dabei in den Außenstellen in den ostdeutschen Bundesländern gestellt, hieß es.
Insgesamt 3,5 Millionen Anträge
Insgesamt wurden den Angaben zufolge seit Inkrafttreten des Stasi-Unterlagen-Gesetzes knapp 3,5 Millionen Anträge gestellt. Rund 17.000 davon seien noch nicht abschließend erledigt. Laut dem Bericht sind die Gründe für die Antragstellung sehr unterschiedlich. So könne etwa das Erreichen des Rentenalters Anlass sein, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. In anderen Fällen würden rentenrelevante Unterlagen benötigt, die infolge von Haft oder Ausbürgerung verloren gegangen sind. Zunehmend erforschten auch jüngere Menschen ihre Familiengeschichte. Eine wichtige Rolle spielten nach wie vor Ersuchen zur Rehabilitierung von Betroffenen und zur Wiedergutmachung erlittenen Unrechts.
Bearbeitungszeiten rückläufig
Zurück gegangen sind laut dem Bericht des Bundesarchivs die Bearbeitungszeiten für die Anträge. Inzwischen vergingen noch maximal 15 Monate bis zu einer Auskunft mit Übersendung von Unterlagen oder bis zu einer Akteneinsicht. Im vorangegangenen Berichtszeitraum waren es noch 18 Monate.
Prekäre Finanzen
Nach einer Bundestagsentscheidung sind die Stasi-Unterlagen seit Juni 2021 Teil des Bundesarchivs. Dessen Präsident Michael Hollmann äußerte sich besorgt über die finanzielle Ausstattung seines Hauses. Diese halte nicht Schritt mit den gewachsenen Pflichtaufgaben und den immer höheren Erwartungen. Er sei deshalb dankbar, dass der Bundestagshaushaltsausschuss in seiner sogenannten Bereinigungssitzung Mitte November zusätzlich knapp 2,2 Millionen Euro für 2026 zur Verfügung gestellt habe. Damit könnten der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), die Digitalisierung von Stasi-Unterlagen und der digitale Lesesaal weiter vorangebracht werden.
Die Bestände des Bundesarchivs waren durch die Eingliederung der Stasi-Unterlagen von etwa 430 auf über 540 laufende Kilometer Schriftgut angewachsen. Vor allem für die Digitalisierung des Schriftgutes seien erhebliche Investitionen nötig, sagte Hollmann.
Die Abkürzung Stasi geht auf das Ministerium für Staatssicherheit zurück. Dieses war in der DDR Geheimdienst und Geheimpolizei. Als Geheimpolizei überwachte die Stasi die eigenen Bürger. Sie hörte Telefone ab, durchsuchte Wohnungen und schüchterte ihre Opfer ein.