Schlag gegen mutmaßlich rechtsextreme Musikszene
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Rechtsextreme Demonstraten in Dresden
Ministerinnen begrüßen Ermittlungserfolg
Celle, Oldenburg (epd).

Polizei und Staatsanwaltschaft sind am Donnerstag mit einer Razzia in sechs Bundesländern gegen ein international agierendes rechtsextremes Musiknetzwerk vorgegangen. Rund 250 Einsatzkräfte hätten drei Objekte in Niedersachsen sowie weitere in Hamburg, Berlin, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie auf der Insel Mallorca durchsucht, wie die Generalstaatsanwaltschaft Celle und die Zentrale Kriminalinspektion Oldenburg mitteilten. Der 34-jährige mutmaßliche Rädelsführer aus Niedersachsen wurde nach Angaben der Behörden festgenommen. Ihm werde unter anderem die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.

Er und die übrigen Mitglieder des Rechtsrock-Netzwerks, die größtenteils der rechtsextremen Szene angehörten, sollen die Musik produziert und national sowie international vertrieben haben. Weiteren elf Beschuldigten im Alter von 36 bis 59 Jahren wird den Angaben zufolge vorgeworfen, etwa mit Tontechnik, Werbung oder Verkauf zur Tat beigetragen zu haben.

Das Amtsgericht Celle habe ferner gegen vier mutmaßliche Mitglieder der Kerngruppe sogenannte Vermögensarreste in unterschiedlicher Höhe angeordnet, hieß es. Die Maßnahmen hätten auch dazu gedient, illegal erzielte Gewinne abzuschöpfen. Der vermutliche Erlös aus den Plattenverkäufen werde nach derzeitigem Stand der Ermittlungen auf rund 200.000 Euro geschätzt.

Die Musik auf den gefundenen Tonträgern enthalte menschenverachtende, antisemitische sowie volksverhetzende Texte, sagte der leitende Oberstaatsanwalt Martin Appelbaum. Damit hätten gezielt junge Menschen angesprochen werden sollen, um sie für die rechtsradikale Ideologie zu gewinnen.

Solche Bestrebungen richteten sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Die Strafverfolgungsbehörden müssten dem mit Nachdruck entgegenwirken, sagte Appelbaum. Der Oldenburger Polizeipräsident Johann Kühme ergänzte: „Volksverhetzung gehört in keine Playlist, und Hass darf sich nicht vermarkten.“ Insgesamt seien mehrere zehntausend CDs und Schallplatten, zahlreiche Smartphones und Notebooks, Speichermedien, ein fünfstelliger Bargeldbetrag sowie schriftliche Unterlagen sichergestellt worden.

Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens sowie Justizministerin Kathrin Wahlmann (beide SPD) zeigten sich erfreut über den Erfolg. Sie dankten den Beamtinnen und Beamten für die monatelangen, akribischen Ermittlungen. „Wer Hass und Hetze verbreitet, wer Menschen wegen ihres Glaubens oder ihrer Herkunft verächtlich machen will, darf sich in Niedersachsen nicht sicher fühlen“, betonte Wahlmann.

Auch die Grünen im Landtag begrüßten das konsequente Vorgehen gegen den Rechtsrock. Zwar habe die rechtsextreme Musikszene seit der Corona-Pandemie ruhiger gewirkt, sagte Michael Lühmann, Sprecher für Innenpolitik und Antifaschismus. Doch die Strukturen seien nie verschwunden. „Rechte Musik war schon immer mehr als nur Ausdruck menschenfeindlicher Gesinnung, sondern spielt bis hinein in rechten Terror eine wichtige Rolle bei Rekrutierung, Stabilisierung und Radikalisierung der extrem rechten Szene.“