Gericht: Nicht jede Verharmlosung von NS-Unrecht ist strafbar
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Themenfoto Judenstern
Braunschweig (epd).

Das Oberlandesgericht Braunschweig hat in einer Revisionsverhandlung einen Freispruch gegen einen Impfgegner bestätigt, dem Volksverhetzung vorgeworfen wurde. Der Angeklagte habe auf seiner Social-Media-Seite einen sogenannten Judenstern mit der Aufschrift „Nicht Geimpft“ gepostet, teilte das Gericht am Mittwoch mit. Doch sei nicht jedwede Verharmlosung des NS-Unrechts unter Strafe gestellt. Eine strafbare Tat liege ausdrücklich nur dann vor, wenn Völkermordhandlungen im Sinne des Völkerstrafgesetzbuches verharmlost werden (Az.: 1 ORs 10/23). Gegen die Entscheidung können keine Rechtsmittel mehr eingelegt werden.

Der Angeklagte habe dem Gericht zufolge auf seine eingeschränkte Lebenssituation unter den Regelungen der Corona-Pandemie aufmerksam machen wollen. Nach Ansicht des Amtsgerichts Clausthal-Zellerfeld hatte er zweifelsohne unangebracht und geschmacklos die im nationalsozialistischen Unrechtsregime mit dem sogenannten Judenstern bezweckte Ausgrenzung verharmlost. Jedoch erfasse der Straftatbestand ausdrücklich nur die Verharmlosung des Völkermords. Darum habe das Gericht auf Freispruch entscheiden.

Die Staatsanwaltschaft Göttingen hatte dagegen Revision eingelegt: In der heutigen Erinnerungskultur sei die Stigmatisierung der jüdischen Bevölkerung von ihrer Entrechtung und Verfolgung mit dem Ziel der Vernichtung nicht zu trennen. Die Pflicht, den sogenannten „Judenstern“ zu tragen, sei daher als Teil des Völkermordes anzusehen, erläuterte die Generalstaatsanwaltschaft in der mündlichen Verhandlung.

Das Oberlandesgericht folgte dieser Ansicht nicht und verwarf die Revision. Zwar fehle jedes Verständnis für die Äußerung des Angeklagten, die das unermessliche Leid der jüdischen Bevölkerung unter dem Nationalsozialismus mit den Beschränkungen in der Corona-Pandemie gleichsetze und damit verharmlose. Jedoch sei die Frage der Strafbarkeit davon zu trennen.