
Bundessozialministerin Bärbel Bas (SPD) sorgt für Schlagzeilen: Sie findet, dass auch Beamte, Selbstständige und Abgeordnete in die gesetzliche Rentenkasse einbezogen werden sollten. Die Union lehnt das ab.
Berlin (epd). Doch die Debatte bleibt in der Welt und wird spätestens, wenn die geplante Rentenkommission ihre Ergebnisse präsentiert, wieder an Fahrt gewinnen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Was ist der Status quo?
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen in die gesetzliche Rentenkasse ein, die Hälfte des Beitragssatzes übernimmt der Arbeitgeber. Bei einigen anderen Erwerbstätigen ist das nicht der Fall. Viele Selbstständige etwa sind von der Versicherungspflicht befreit; zum Teil zahlen sie in separate Versorgungswerke ihrer jeweiligen Berufsgruppe ein. Für Beamte gibt es die Beamtenversorgung als eigenständiges System. Ihre Ruhegehälter fallen im Durchschnitt im Vergleich zu den gesetzlichen Renten deutlich höher aus, allerdings müssen davon auch Steuern und private Kranken- und Pflegeversicherung bezahlt werden. Abgeordnete bekommen eine sogenannte Altersentschädigung.
Was plant die Koalition und was fordert Bas?
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ist vorgesehen, dass neue Selbstständige, „die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem zugeordnet sind“, in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden sollen. Zu Beamten und anderen Berufsgruppen gibt es keine Festlegung. Eine Rentenkommission soll bis 2027 weitere Vorschläge machen. Bas sagte in einem Interview, auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige sollten in die Rentenkasse einzahlen, um die Einnahmeseite zu verbessern - über die „Ausgestaltung“ solle die Kommission beraten.
Ist Bas' Idee überhaupt umsetzbar?
„Bei den Selbstständigen wäre es am einfachsten“, sagte der Volkswirt Stefan Moog, Senior-Experte für soziale Sicherheit bei der Prognos AG, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bei Abgeordneten werde es schon schwieriger und „die größte Herausforderung stellen sicherlich die Beamtinnen und Beamten dar“, sagte Moog. Hintergrund ist das sogenannte Alimentationsprinzip. Es leitet sich aus dem Grundgesetz ab und besagt, dass der Staat den Beamtinnen und Beamten einen ihrem Amt angemessenen Lebensunterhalt gewähren muss - auch im Alter. Es müssten „erhebliche Hürden aus dem Weg geräumt werden und im Zweifelsfall wäre sogar eine Verfassungsänderung notwendig“, erläuterte Moog. Weil der überwiegende Teil der Beamtinnen und Beamten von den Bundesländern beschäftigt werde, müssten auch diese in eine Lösung einbezogen werden.
Was würde Bas' Vorschlag bringen?
Mehrere Studien stellen einen Entlastungseffekt in Aussicht. Die Wirtschaftsweisen erklärten Ende 2023 in ihrem Jahresgutachten, dass eine Einbeziehung von Beamtinnen und Beamten sowie Selbstständigen der Rentenkasse einige Zeit helfen würde, weil die Zahl der Beitragszahlenden steigt und die Auszahlung von kommenden Renten erst sehr zeitverzögert anstehen würde. Moog sieht das ähnlich: Einige Jahrzehnte lang könne der Beitragssatz sinken und das Rentenniveau werde stabilisiert. Der bis etwa 2035 laufende Rentenstart der geburtenstarken Jahrgänge könne etwas abgefedert werden. „Klar ist aber auch, dass all die neuen Einzahlenden selbst Rentenansprüche erwerben, die irgendwann ausgezahlt werden müssen“, sagte Moog. „Das bedeutet: Die Ausgaben steigen langfristig.“ Die Beitragssatzvorteile würden „nach und nach wieder verschwinden“.
Würde die Umsetzung alle Probleme der gesetzlichen Rente beseitigen?
Nein. Experte Moog formuliert es so: „Wir haben über Jahrzehnte ein System fortgeführt, das gravierende Probleme aufweist - und diese lassen sich nicht mit einer einzelnen Maßnahme beheben.“ Auch die Wirtschaftsweisen hielten in ihrem Gutachten 2023 fest, dass die Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung so „nicht gelöst“ würden.