Aus der Not geboren
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KD-Bank in Dortmund
Älteste evangelische Kirchenbank in Deutschland wird 100
Dortmund (epd).

Die Goldenen Zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts waren für viele Menschen in Deutschland alles andere als eine Blütezeit: Ein Großteil der Bevölkerung lebte in Armut, das Geld war durch die Hyperinflation über Nacht nichts mehr wert. Auch evangelische Kirchengemeinden und diakonische Einrichtungen stürzten in den Ruin. In diesen unsicheren Zeiten erhielten sie von Privatbanken oder Sparkassen keine Kredite mehr. Es brauchte neue Wege für die Finanzierung der kirchlichen und sozialen Arbeit: eigene evangelische Banken.

Diese Idee kam bereits 1911 im Rheinland auf, in die Tat umgesetzt wurde sie aber zuerst 1925 in Dresden und dann 1927 in Münster und Magdeburg: Es entstanden drei evangelische Kreditgenossenschaften, die Vorgänger der heutigen „Bank für Kirche und Diakonie eG - KD-Bank“ mit Sitz in Dortmund. Die Banken seien „Geschöpfe der Not“ gewesen, sagte später der bekannteste Gründervater, Pastor Martin Niemöller (1892-1984). Er war erster Vorstandsvorsitzender der Münsteraner Kirchenbank und wandte sich später als führender Vertreter der Bekennenden Kirche gegen den Nationalsozialismus.

„Kirchliches Geld kirchlichen Zwecken dienstbar machen“

Erklärtes Ziel der damaligen Kirchenbanken war, kirchliches Geld nach dem Prinzip der Genossenschaftsbank „nur wieder rein kirchlichen Zwecken dienstbar zu machen“ und die soziale Arbeit durch die Vergabe von Krediten zu finanzieren. Dieser Auftrag und das grundlegende Geschäftsmodell seien von der Gründung vor 100 Jahren bis heute gleichgeblieben, sagt der Vorstandsvorsitzende der KD-Bank, Ekkehard Thiesler: „Wir erhalten Einlagen unserer kirchlichen und diakonischen Mitglieder und geben sie als Kredite für Baumaßnahmen und soziale Leistungen weiter.“

In der Weimarer Zeit standen ältere Menschen, Kriegsversehrte, Vereinsamte, Witwen und Waisen im Fokus der christlichen Sozialarbeit. Kirchengemeinden und Innere Mission, wie die Diakonie damals hieß, bekamen von den Banken Geld, um Sozialstationen oder Krankenhäuser zu bauen. Im Vordergrund stand für die Banken nicht die Erzielung eines hohen Gewinns, sondern Gemeinnützigkeit und die Gewährung günstiger Konditionen für die Mitglieder der Genossenschaft.

Genossenschaftsbank denke langfristig

Auch die heutige KD-Bank setze nicht wie eine Investmentbank auf Spekulation, sondern denke langfristig und unterstütze die Sozial- und Gesundheitswirtschaft, erläutert der promovierte Wirtschaftswissenschaftler Thiesler, der seit 20 Jahren an der Spitze der Kirchenbank steht. Finanziert würden beispielsweise Schulen, Kindergärten, Altenheime, Krankenhäuser, Hospize, sozialer und privater Wohnungsbau, Klimamaßnahmen oder Investmentfondsprojekte wie ein Kinderzukunftsfonds.

Trotz Gleichschaltung der Kirchenbanken überdauerten die Institute die NS-Zeit. Nach der Gründung der LKG Sachsen am 2. Oktober 1925 sowie der DGM Münster und der Prosparda Magdeburg 1927 wurde nach dem Zweiten Weltkrieg 1953 in Duisburg eine weitere evangelische Darlehensgenossenschaft gegründet, die ab 1976 den Namen Bank für Kirche und Diakonie (BKD) erhielt.

In der DDR hielten sich die Kreditinstitute trotz der sozialistischen Vorgaben über Wasser. Durch mehrere Fusionen der Institute in Ost und West entstand 2010 die heutige KD-Bank, mit rund 3.500 institutionellen Mitgliedern und 280 Mitarbeitenden eine der größten Genossenschaftsbanken in Deutschland.

„Streng nachhaltig“

Krisen wie 2008 nach dem Kollaps der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers und dem Platzen einer Immobilienblase, die zu einer weltweiten Finanzkrise führte, überstand die KD-Bank weitgehend unbeschadet. „Wir brauchten keine Staatshilfe“, betont Thiesler. „Da wir eine Genossenschaft sind, brauchen wir nicht auf den Aktienkurs zu schauen.“ Statt auf Gewinnmaximierung zu setzen, müsse die Bank lediglich solide wirtschaften und ausreichende Rücklagen bilden.

Großen Wert legt die KD-Bank auf ihren zertifizierten Nachhaltigkeitsfilter für Geldanlagen nach sozialen, ökologischen und ökonomischen Standards. Von der Stiftung Warentest erhielt sie dafür die beste Bewertung „streng nachhaltig“.

Zu ihrem 100. Geburtstag schüttet die Kirchenbank eine Sonderdividende von fünf Prozent aus. Gefeiert wurde das Jubiläum am 2. Oktober an dem Ort, an dem mit der Gründung der LKG Sachsen alles begann: im Sächsischen Ständehaus in Dresden.

Von Ingo Lehnick (epd)