Eine Arbeitsgemeinschaft mit Geschichte
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ARD-Erfolgsserie: "Schimanski-Tatort" mit Götz George (1997)
75 Jahre ARD
Frankfurt a.M. (epd).

Die ARD ist sehr viel mehr als „Tatort“, „Tagesschau“ und ESC: Zu ihr gehören neun öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, sie veranstaltet - je nach Zählung - elf Fernsehkanäle und zwischen 66 und 72 Radiosender. Hinzu kommen die gemeinsamen Fernsehkanäle von ARD und ZDF und das digitale Jugendangebot Funk.

Jetzt wird die ARD 75 - das Kürzel steht für „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“. Den Anfang dieser Arbeitsgemeinschaft machten kurz nach Kriegsende, ab 1947, sechs westdeutsche Rundfunkanstalten: Die Intendanten von Nordwestdeutschem, Bayerischem, Hessischem und Süddeutschem Rundfunk, von Südwestfunk und Radio Bremen trafen sich regelmäßig, um über technische Fragen und gemeinsame Programmaktionen zu beraten, auch über rundfunkpolitische Fragen wurde gesprochen.

Kürzel ARD seit 1954

Am 9. Juni 1950 beschlossen sie dann in Bremen eine „Vereinbarung über die Errichtung einer Arbeitsgemeinschaft“, am 26. Juli 1950 trat sie in Kraft. Das Kürzel ARD wurde erst 1954 eingeführt.

„Wichtig war, dass die einzelnen Häuser selbstständig blieben“, sagte Hans Sarkowicz, der Vorsitzende der Historischen Kommission der ARD, dem Evangelischen Pressedienst (epd) im Rückblick. Beschlüsse mussten in der Konferenz der Intendanten grundsätzlich einstimmig gefasst werden. Ein Intendant sollte jeweils für sechs Monate die Geschäftsführung übernehmen und anschließend Bericht erstatten.

Seit Gründung der Bundesrepublik hatte es in der Bundespolitik Ideen gegeben, den von den Alliierten dezentral organisierten Rundfunk per Bundesgesetz zu regeln. Um den Bestrebungen, eine zentrale Rundfunkgesellschaft zu gründen, etwas entgegenzusetzen, einigten sich die Intendanten schließlich auf die Arbeitsgemeinschaft. Der Rundfunkhistoriker Hans Bausch, der von 1958 bis 1989 Intendant des Süddeutschen Rundfunks war, ordnet die Einigung als historisch ein: Schließlich seien die Rundfunkanstalten seit ihrer Gründung immer auch Konkurrenten gewesen.

„Hemmungsloser Egoismus“

Diese Konkurrenz schlug sich auch in den Programmen nieder. Der Fachdienst epd/Kirche und Rundfunk bemängelte im Januar 1950, dass die westdeutschen Sender „wie Wirtschaftsunternehmen“ agieren würden: „Man bemüht sich, der 'Konkurrenz' zuvorzukommen, den guten Einfall des anderen Senders zu kopieren.“ Der Autor beklagte einen „hemmungslosen Individualismus und Egoismus“: „Wertvolle Hörspiele“ würden zur selben Sendezeit gesendet, an Freitagen würden alle Sender schwere Kost bringen, statt das Publikum mit unterschiedlichen Programmfarben zu erfreuen. Die Hörer hätten ein berechtigtes Interesse, „dass sinnlose Doppelarbeit vermieden wird“, schrieb epd/Kirche und Rundfunk damals.

Das klingt heute sehr vertraut: Als sich die Ministerpräsidenten der Länder im Oktober 2024 auf einen Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einigten, forderten sie, Doppelstrukturen bei der ARD abzubauen. Zuvor, im Januar 2024, hatte der von den Ländern eingesetzte „Rat für die zukünftige Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ in seinem Bericht vorgeschlagen, eine zentrale ARD-Anstalt einzurichten, die die Arbeitsgemeinschaft ersetzt. Denn, so sagte die Vorsitzende des sogenannten Zukunftsrats, Julia Jäkel: Die ARD sei zwar „modernisierungswillig, aber nicht modernisierungsfähig“.

Zweitgrößter deutscher Medienkonzern

Die Arbeitsgemeinschaft ist in den 75 Jahren ihres Bestehens auf die Größe eines international agierenden Medienkonzerns angewachsen. Im Ranking der deutschen Medienkonzerne, das das Institut für Medienpolitik einmal im Jahr veröffentlicht, steht die ARD mit Einnahmen von insgesamt 7,67 Milliarden Euro (2023) auf Platz zwei hinter Bertelsmann.

Sie wird jedoch nicht beaufsichtigt wie ein Konzern dieser Größe, sie ist als Zusammenschluss nicht einmal rechtsfähig. Der Medienwissenschaftler Otfried Jarren sagte 2022 dem epd: „De facto haben wir es bei der ARD mit einer Art Holding zu tun, die jedoch nicht wie eine Holding funktioniert, weil sie kein übergeordnetes Gremium hat. Es gibt keinen Aufsichtsrat, der die Holding steuert und Radio Bremen genauso im Blick hat wie den WDR.“

Steht für Vielfalt

Mit ihren zahlreichen Fernsehkanälen, Radiosendern und dem digitalen Angebot Funk steht die ARD aber gleichzeitig für Vielfalt. Kein Wunder also, dass der Vorsitzende der Historischen Kommission Sarkowicz die Geschichte der ARD durchaus als Erfolgsgeschichte sieht.

Das Modell der Arbeitsgemeinschaft habe sich bewährt, sagte er dem epd. Sie spiegele das föderale Prinzip wider. Es gebe in den Kulturwellen der ARD eine Vielzahl an Meinungen und ein breites Programm. Eine solche Vielfalt hätte ein zentral organisiertes Programm nicht hervorbringen können, meint Sarkowicz: „Und sie funktioniert auch in einer Zeit, in der die Herausforderungen über das Internet kommen.“

Von Diemut Roether (epd)