Evangelische Kirche verliert Mitglieder und Einnahmen
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Hannover (epd).

Weniger Mitglieder, weniger Kirchensteuern: Die evangelische Kirche hat im vergangenen Jahr sogar noch mehr Mitglieder verloren als im Jahr zuvor. Rund 593.000 Menschen weniger gehörten 2023 einer der 20 evangelischen Landeskirchen an, das sind fast 3,1 Prozent weniger im Vergleich zum Vorjahr. Auch die Kirchenaustritte lagen mit 380.000 wieder gleich hoch wie im Vorjahr, ein Rekordwert. Bei den Einnahmen aus der Kirchensteuer verzeichnete die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), wie die am 2. Mai in Hannover veröffentlichte Statistik zeigt, ein Minus von 5,3 Prozent. Die Einnahmen sanken auf 5,91 Milliarden Euro, liegen aber immer noch auf einem hohen Niveau, vergleichbar mit dem Jahr 2019.

Zum Stichtag 31. Dezember 2023 gehörten der evangelischen Kirche laut vorläufigen Zahlen noch rund 18,6 Millionen Menschen an, das entspricht einem Anteil an der Bevölkerung von 21,9 Prozent. Im Vorjahr waren es noch 22,7 Prozent gewesen. „Wir werden eine kleinere und ärmere Kirche, dieser Tatsache müssen wir uns stellen“, sagte die amtierende EKD-Ratsvorsitzende, Kirsten Fehrs. Die Zahlen schmerzten, erklärte der leitende Theologe der rheinischen Kirche, Thorsten Latzel. Jeder Austritt sei einer zu viel, weil man den Kontakt zu den Menschen verliere und weil er die Gemeinschaft schwäche.

„Auch durch eigenes Versagen Menschen sehr enttäuscht“

Der Berliner evangelische Bischof Christian Stäblein erklärte, die Gründe für einen Kirchenaustritt seien vielfältig. Die Bindung an Institutionen lasse generell in wachsendem Maße nach. Zudem müsse sich die Kirche der Verantwortung stellen, „dass wir auch durch unser eigenes Versagen Menschen sehr enttäuscht und verloren haben“. Dabei sind mögliche Effekte durch die Veröffentlichung der evangelischen Missbrauchsstudie Ende Januar, die Tausende Missbrauchsfälle und einen mangelhaften Umgang mit Opfern sexualisierter Gewalt offenbarte, noch nicht in den jetzt veröffentlichten Zahlen abgebildet.

Grund für den Mitgliederschwund sind Kirchenaustritte und Sterbefälle. Die Zahl der Kirchenaustritte hat die Zahl der Sterbefälle mittlerweile überholt. 380.000 Austritten und 340.000 Sterbefällen stehen nur rund 140.000 Taufen und 20.000 Aufnahmen entgegen. Nicht erfasst in der Statistik sind Zu- und Abwanderungen, sodass sich Unterschiede zu der Gesamtzahl des Mitgliederrückgangs ergeben.

Auswirkungen auf Finanzkraft der Kirchen

Der Einnahmen-Rückgang bei der Kirchensteuer erklärt sich zum einen durch die steuerliche Entlastung bei der Einkommensteuer, zum anderen wirkt sich auch der Mitgliederverlust erstmals deutlich aus. Im Jahr 2020 waren die Einnahmen durch die Konjunkturschwäche wegen der Corona-Pandemie zwar leicht gesunken, doch gab es in den vergangenen Jahren stets die Besonderheit, dass die Einnahmen aus der Kirchensteuer trotz Mitgliederverlusten Rekordwerte erreichten.

Noch seien die Auswirkungen der Mitgliederrückgänge auf die Finanzkraft der Kirchen nicht so stark, sagte der Religionssoziologe Detlef Pollack dem Evangelischen Pressedienst (epd). Aber man sehe sie bereits. Die Kirchen sorgten vor, indem sie etwa Gemeinden zusammenlegten und Gebäude abstießen. Das Vertrauen in kirchliche Einrichtungen wie Pflegeheime und Kindergärten sei aber relativ hoch, sagte er. Sinkende Kirchenmitgliederzahlen wirkten sich allerdings auf die Finanzierung von Einrichtungen in diesem Bereich aus.

Aktuelle Mitgliederzahlen für die 27 katholischen Bistümer werden erst im Sommer veröffentlicht. Nicht eingerechnet sind zudem die evangelischen Freikirchen.

Von Franziska Hein (epd)