Mögliches Aus für tägliche Höchstarbeitszeit besorgt Arbeitnehmer
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Anlage zur Arbeitszeiterfassung
Düsseldorf (epd).

Knapp drei Viertel der Arbeitnehmer blicken laut einer aktuellen Studie besorgt auf eine mögliche Abschaffung der täglichen Höchstarbeitszeit. Wenn laut den Plänen der Bundesregierung generell Arbeitstage von mehr als zehn Stunden möglich wären, fürchten die Beschäftigten vor allem negative Folgen für Erholung und Gesundheit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) in Düsseldorf mitteilte. Frauen rechnen demnach noch häufiger mit negativen Auswirkungen als Männer.

Aktuell ist im Arbeitszeitgesetz der Acht-Stunden-Tag verankert, doch könne die Arbeitszeit ohne Rechtfertigung auf bis zu zehn Stunden täglich verlängert werden, was dann später ausgeglichen werden muss, erläuterte das WSI. Bundesregierung und Arbeitgeberverbände wollten die Höchstarbeitszeit künftig nicht mehr pro Tag, sondern pro Woche regeln. Damit würden kurzfristig generell Erwerbsarbeitstage von mehr als zehn, im Extremfall sogar mehr als zwölf Stunden möglich, so das Institut.

Sehr lange Arbeitstage sind in Deutschland nach Darstellung des WSI längst verbreitet: Zwölf Prozent der Befragten arbeiten demnach wenigstens an einzelnen Wochentagen schon jetzt länger als zehn Stunden. Von denen, die davon bisher nicht betroffen sind, sagen laut der Studie 72,5 Prozent, dass bereits einzelne derart lange Arbeitstage ihre Fähigkeit zu Erholung nach Feierabend „etwas bis deutlich verschlechtern“ würden. 75 Prozent erwarten schlechtere Möglichkeiten, familiäre und private Verpflichtungen zu erfüllen.

Von weiblichen Erwerbstätigen äußerten den Angaben zufolge 80,3 Prozent, dass sie mit einer Verschlechterung bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen in Familie und Privatleben rechneten. Als Grund dafür sehen die Autorinnen der Studie, dass Frauen neben ihrem Erwerbsjob deutlich häufiger als Männer unbezahlte Arbeit im Haushalt, bei der Pflege von Angehörigen oder mit Kindern leisten. Diese „Unwucht“ könne zunehmen, wenn der Partner noch länger arbeiten müsse.

Knapp die Hälfte der Beschäftigten, die bereits jetzt mindestens an einzelnen Wochentagen länger als zehn Stunden arbeiten müssen, gaben laut dem Institut an, dass Partnerinnen oder Partner „gelegentlich oder häufig“ bei Hausarbeiten oder Kinderbetreuung einspringen müssten. Insbesondere Mütter könnten es daher künftig noch schwerer haben, ihre Arbeitszeit auszuweiten, kritisierte die wissenschaftliche Direktorin des WSI, Bettina Kohlrausch.

Eine Deregulierung der Höchstarbeitszeit könne ausgerechnet „den Zuwachs bei der Erwerbstätigkeit von Frauen bremsen“, der zu Rekordwerten bei Erwerbstätigkeit und Arbeitsvolumen in Deutschland beigetragen habe, sagte Kohlrausch. Die Studie des WSI basiert nach eigenen Angaben auf einer Online-Befragung vom Juli unter mehr als 2.000 Beschäftigten.