Mit Blick auf die Zunahme der Fälle häuslicher Gewalt fordert der Verein UN Women Deutschland eine politische Gesamtstrategie und die Anerkennung geschlechtsspezifischer Gewalt als gesamtgesellschaftliches Problem. Grundsätzlich sei die Erweiterung des Gewaltschutzgesetzes mit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung sowie dem Ausbau der Täterarbeit wichtig, jedoch reiche das nicht aus, erklärte der Verein in Bonn. Es brauche auch eine ausreichende Finanzierung und ein umfassendes Gesetz gegen digitale Gewalt.
Wie aus dem am Freitag vorgestellten Lagebild des Bundeskriminalamts hervorgeht, gab es 2024 fast 266.000 Opfer häuslicher Gewalt. Das waren rund 10.000 mehr als im Jahr zuvor. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte in Berlin, zum überwiegenden Teil gehe es dabei um Partnerschaftsgewalt. Die Statistik registrierte in dem Bereich rund 171.000 Opfer, die allermeisten davon - fast 136.000 - waren Frauen oder Mädchen. Anstiege verzeichnet auch das Lagebild zu geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichteten Straftaten. Demnach wurden 2024 mehr Sexualstraftaten sowie Fälle von Menschenhandel und digitaler Gewalt gezählt. 308 Frauen und Mädchen wurden getötet (2023: 340).
UN Women: Partnerschaftsgewalt ist strukturelles Problem
„Die aktuellen Zahlen zur Partnerschaftsgewalt in Deutschland erschüttern erneut und machen unmissverständlich klar, dass Partnerschaftsgewalt kein Einzelschicksal ist“, sagte die Vorständin von UN Women Deutschland, Carolin Weyand. „Sie ist ein strukturelles Problem unserer Gesellschaft.“
Ähnlich äußerte sich die stellvertretende Vorsitzende des DGB NRW, Anke Unger. Sie kritisierte, dass die Hilfsstrukturen in NRW unterfinanziert seien. „Durch die fehlende Dynamisierung der Mittel können Einrichtungen weder die steigenden Preise durch die Inflation decken, noch wird in den Aufbau weiterer Schutzeinrichtungen und Frauenberatungsstellen investiert, die bitter benötigt wären“, betonte Unger. „Die Stagnation der Finanzmittel kommt daher einer faktischen Kürzung gleich.“