
Mit 35 Produktionen und Projekten an elf ehemals industriellen Spielstätten startet die Ruhrtriennale am Donnerstag in die zweite Ausgabe ihrer dreijährigen Laufzeit. „Wir leben in einer anstrengenden Zeit voller Konflikte, auch in der Welt der Kunst, das Programm reflektiert das“, sagte Intendant Ivo Van Hove bei der Vorstellung des Festivalprogramms in Bochum. Es gehe darum, die Besucherinnen und Besucher „zu berühren, mitten ins Herz zu treffen und einen Blick auf die Welt von morgen zu werfen“, sagte der belgische Theaterregisseur, der das Festival von 2024 bis 2026 leitet.
In gut vier Wochen, bis 21. September, sind insgesamt 137 Veranstaltungen in Bochum, Duisburg, Essen und Gladbeck geplant, darunter fünf Uraufführungen und neun deutsche Erstaufführungen. Daran wirken rund 630 Künstlerinnen und Künstler aus 38 Ländern mit. Zentrale Veranstaltungsorte sind wiederum die Jahrhunderthalle Bochum und das benachbarte rosafarbene Festivalzentrum „Wunderland“ unter dem Wasserturm mit Workshops, Begegnungen und Performances. Von den insgesamt rund 45.000 Eintrittskarten sind zwei Drittel bereits verkauft. Sechs Projekte haben freien Eintritt, für andere gibt es teils 50 Prozent Ermäßigung.
Ausverkauft ist etwa die Eröffnungsveranstaltung am 21. August in Bochum, die Premiere des interdisziplinären Musiktheaters „I Did It My Way“ mit Lars Eidinger und Larissa Sirah Herden in den Hauptrollen. Inspiriert durch die Musik von Frank Sinatra und Nina Simone, erzählt das Stück von der Trennung eines konservativen weißen Mannes und einer schwarzen Frau, die leidenschaftliche Bürgerrechtlerin ist. Das Stück sei „hochpolitisch und extrem persönlich“, beschrieb die aus Gelsenkirchen stammende Sängerin Herden ihre Rolle. Als Afro-Deutsche müsse auch sie um Wertschätzung ringen. Der Schauspieler Lars Erdinger bezeichnete es als sein Anliegen als „privilegierter weißer Mann“, unterdrückten Menschen Raum zu geben.
Weitere Highlights internationaler zeitgenössischer Kunst aus Theater, Tanz, Musik, bildender Kunst und Perfomance sind etwa das Schauspiel „Guernica, Guernica“ über die Unmöglichkeit, den Krieg darzustellen oder „Oracle“ über den frühen Vater der künstlichen Intelligenz, Alan Turing, und die dunkle Seele der Technik. Ein besonders Konzert verspricht die Rave-L Party zu Maurice Ravels „Bolero“ als immersives Techno-Erlebnis zu werden. Es ist laut Programmdirektor Krystian Lada eine Metamorphose, die vom bekannten Orchesterwerk über Jazz bis zu Techno reicht: „Wie klingt Ravel als Rave?“
Erstmals dabei als Spielstätte ist auch eine Kirche, der „Bergmannsdom“ in Essen-Katernberg. Unter dem Titel „124 Years of Reverb“ (124 Jahre Nachhall) gibt es dort als deutsche Erstaufführung auf der 124 Jahre alten Wilhelm Sauer-Orgel eine achtstündige Orgelmediation des Komponisten und bekannten Gitarristen der britischen Rockband Radiohead, Jonny Greenwood. Eintritt ist alle zwei Stunden möglich.
Der Duisburger Innenhafen, ehemals Europas größter Umschlagplatz für Getreide und heute ein Freizeit- und Wohngebiet, wird zum multimedialen Ausstellungsort „Zwischen Erfinden und Erfassen“ mit Skulpturen und Performance. Ein vielfältiges Angebot gibt es darüber hinaus im Rahmen der Jungen Triennale für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene wie etwa das 3D-Soundtheater „GenZ Don’t Cry“. „Es ist für alle was dabei, von null bis hundert“, betonte Dramaturgin Britta Schünemann.
Die Ruhrtriennale findet seit 2002 jeweils im August und September unter wechselnden Intendanzen in den Industriedenkmälern der Region statt und zieht auch ein internationales Publikum an. Von 2024 bis 2026 steht sie unter dem Motto "Longing for Tomorrow” (Sehnsucht nach morgen).