Das christliche Konzil von Nizäa vor 1.700 Jahren hat für den katholischen Theologen Michael Seewald der immer stärkeren Trennung zwischen Juden- und Christentum Vorschub geleistet. Das Osterfest sei vom Pessachfest entkoppelt worden, es sei eine andere Berechnungsmethode des Osterfestes zugrunde gelegt worden, sagte der Sprecher des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Universität Münster dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Damit ist Nizäa einerseits ein weiterer Schritt in der lebensweltlichen Abkoppelung des Christentums von seinen jüdischen Wurzeln.“ Andererseits habe Nizäa versucht, zentrale Ideen des jüdischen Monotheismus auch für den christlichen Glauben zu sichern.
Auf einer von der Universität Münster und der Päpstlichen Universität Gregoriana organisierten Konferenz in Münster vom 15. bis 17. Oktober hatten Forschende aus neun Ländern unter anderem die Folgen des christlichen Konzils von Nizäa für das Verhältnis zu Judentum und Islam diskutiert. Das erste ökumenische Konzil der Welt im Jahr 325 gilt als ein Schlüsselmoment in der Geschichte des christlichen Glaubens und für den ökumenischen Weg bis heute. Das Konzil hatte das Ziel, die Kircheneinheit zu wahren. Auf dem Konzil wurde das Fundament für zentrale Glaubensinhalte gelegt.
Das von Kaiser Konstantin dem Großen einberufene Konzil habe auch zu einer „grundlegenden Veränderung im Verhältnis der Kirche zum Staat“ geführt, erklärte der katholische Dogmatikprofessor. Der Kaiser habe einerseits die Bischöfe für seine eigene Religionspolitik instrumentalisiert. Umgekehrt hätten die Bischöfe den Kaiser instrumentalisiert, um Fragen über die rechte Lehre mithilfe kaiserlicher Macht zu entscheiden. „Dadurch wurde eine Weichenstellung im Verhältnis zwischen Kirche und kaiserlicher Macht vorgenommen, die für die folgenden Jahrhunderte prägend blieb“.
„Das Konzil hat auch bedeutende Schatten geworfen, die man nicht unter den Tisch fallen lassen sollte“, sagte Seewald. Die Beschlüsse des Konzils von Nizäa wurden zunächst als Reichsgesetze verkündet. Die unterlegenen Bischöfe und Theologen mussten ins Exil. Wenige Jahre nach dem Konzil vollzog Kaiser Konstantin eine Wende. Dann hätten die nizänisch gesinnten Bischöfe ins Exil gemusst.
Bis heute aktuell bleibe unter anderem das Glaubensbekenntnis von Nizäa, das beim zweiten ökumenischen Konzil im Jahr 381 in Konstantinopel mit einigen Zusätzen versehen wurde. „Diese ergänzte Fassung ist die Grundlage des Bekenntnisses der meisten christlichen Konfessionen“, erläuterte Seewald. Bis heute würden sich Katholiken, evangelische Christen, Orthodoxe sowie der meisten Freikirchen dazu bekennen. Ein Problem dieses Bekenntnis sei jedoch, „dass es für heutige Denkweisen über weite Strecken unverständlich“ und daher erklärungsbedürftig sei, sagte der katholische Dogmatikprofessor.