
Der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) erwartet eine harte Strafe für den Beschuldigten des Messerangriffs auf dem Solinger Stadtfest, bei dem vergangenes Jahr drei Menschen getötet und zehn verletzt wurden. Beim Auftakt des Prozesses hatte Issa al H. die Tat gestanden. Das sei für ihn unerwartet gewesen, sagte Kurzbach dem Evangelischen Pressedienst (epd).
epd: Wie blicken Sie auf den Prozess? Was erwarten Sie davon?
Kurzbach: Ich habe großes Vertrauen in unseren Rechtsstaat. Die Ermittlungsbehörden haben sehr schnell gehandelt und ich gehe davon aus, dass dieser feige Mörder eine schwere und harte Strafe bekommt. Sein Geständnis zum Prozessbeginn kam unerwartet. Es klärt aber noch nicht die zentrale Frage nach Hintergründen und Verbindungen. Den Prozess und die juristische Aufarbeitung werde ich intensiv verfolgen.
epd: Wie hat der Anschlag Solingen verändert?
Kurzbach: Der Attentäter hatte das konkrete Ziel, Menschen zu ermorden. Er wollte verunsichern und Angst verbreiten, unser Miteinander zerstören. Aber das werden wir nicht zulassen. Die Stadt musste zunächst zur Ruhe kommen, um das Geschehen zu verarbeiten. Wir gedenken und erinnern uns, wir kümmern uns um die Verletzten an Seele und Leib. Aber wir lassen uns die Art, wie wir leben, nicht nehmen. Das habe ich schon in der Trauerfeier nach dem Anschlag betont und viel Zuspruch erfahren, auch von Menschen, die vom Anschlag direkt betroffen waren. Wir brauchen das Miteinander und die Offenheit unserer Gesellschaft. Da fühle ich mich in Solingen sehr getragen und bin sehr dankbar dafür.
epd: Werden und wurden aus Ihrer Sicht in der Politik die richtigen Schlüsse aus dem Anschlag gezogen?
Kurzbach: In der politischen Debatte geht es nicht um „den Anschlag von Solingen“, sondern um die Situation in unserem Land. In unserer Stadt leben Menschen aus 142 Nationen friedlich und glücklich miteinander. Ja, wir müssen über das reden, was im System schief läuft und was verändert werden muss. Da gibt es viel zu tun. Aber das Recht auf Menschenwürde dürfen wir dabei nicht missachten. Dazu gehört, dass wir Menschen, die wirklich vor Krieg und Terror fliehen, helfen müssen.