
Eine neue Präambel, der Schutz jüdischen Lebens und die Absicherung des Verfassungsgerichtshofs: Der Landtag des Saarlandes hat mit den Stimmen von SPD und CDU in erster Lesung Verfassungsänderungen auf den Weg gebracht. „Demokratie ist kein Geschenk, sie ist ein Auftrag“, betonte der SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Commerçon in Saarbrücken. „Sie lebt davon, dass wir sie stärken, bevor sie in Gefahr gerät.“ Demokratie sei mehr als das Recht zu wählen. Sie begrenze Macht, bedeute Teilhabe statt Kontrolle, Mitbestimmung statt Unterordnung und Zusammenhalt statt Spaltung.
Die geplante Präambel der saarländischen Verfassung unterstreicht unter anderem den Einsatz für die deutsch-französische Freundschaft sowie ein friedliches Europa und das Bekenntnis zu den Prinzipien der freiheitlichen Demokratie. Mit dem Beitritt des Saarlandes als zehntes Bundesland am 1. Januar 1957 zur Bundesrepublik Deutschland war die bisherige Präambel ersatzlos gestrichen worden.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Stephan Toscani unterstrich, dass diese „Leerstelle in unserer Verfassung“ nun geschlossen werden solle. Er bedauerte, dass in der neuen Präambel kein Gottesbezug enthalten sei, jedoch tauche dieser mehrmals in der Verfassung auf. „Wir haben miteinander gerungen und sind zu Kompromissen gekommen“, erklärte Toscani. „Wir waren in der Lage uns zu verständigen.“ Das sei ein Ausweis der demokratischen Stärke im Saarland.
Auch der Verfassungsgerichtshof soll nach den Plänen der SPD-Regierungsfraktion und der CDU-Oppositionsfraktion Verfassungsrang erhalten. Unter anderem die Amtszeit und die Wiederwahlmöglichkeit der Richterinnen und Richter sollen verankert werden. „Wir stärken den Verfassungsgerichtshof unseres Landes“, betonte Toscani. Demokratiefeinde setzen als Erstes die freie Presse und die unabhängige Justiz unter Druck, um sie dann abzuschaffen, wenn sie an der Macht seien. „Wir wollen solchen Entwicklungen vorbeugen“, sagte er. „Wir wollen also verhindern, dass politische Blockaden den Verfassungsgerichtshof lahmlegen können.“
Künftig soll die Verfassung auch die Förderung des friedlichen Zusammenlebens, das Eintreten gegen Antisemitismus und Antiziganismus sowie den Schutz jüdischen Lebens und jüdischer Kultur enthalten. Zuletzt hatte der saarländische Landtag mit den Stimmen von CDU und SPD im Februar 2024 drei Verfassungsänderungen umgesetzt. Die Fraktionen hatten den Begriff „Rasse“ aus der Verfassung gestrichen und außerdem die staatliche Förderung und den Schutz des Ehrenamtes sowie das Prinzip der Nachhaltigkeit für staatliches Handeln neu aufgenommen. Nun beschäftigt sich der Ausschuss für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen, Wahlprüfung, Datenschutz und Informationsfreiheit mit den geplanten Änderungen.
Die AfD-Fraktion stimmte gegen alle drei Entwürfe. Mit Blick auf den Verfassungsgerichtshof warf der Fraktionsvorsitzende Josef Dörr SPD und CDU „pure Panik“ vor. Außerhalb des Parlaments seien die Mehrheitsverhältnisse andere. „Sie werden die ersten Opfer dieser Werkzeuge sein, wenn die AfD die Mehrheit hat und die wird sie bald haben“, sagte er. SPD und CDU warf er Demokratiefeindlichkeit vor. Die CDU-Abgeordnete Dagmar Heib konterte: „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir beobachtet werden vom Verfassungsschutz - das sind andere.“
Zudem stimmte der Landtag mit den Stimmen der SPD-Fraktion einer gesetzlichen Regelung zur Landeszentrale für politische Bildung zu und überwies diese an den Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien. Die Landeszentrale sei „Demokratiepflege“, betonte die SPD-Politikerin Sevim Kaya-Karadag. Sie fördere Toleranz, mache Demokratie erfahrbar und befähige Menschen, „Lüge, Hass und Hetze entgegenzutreten“. Bisher sei sie nur über einen Erlass gesichert. „Das reicht nicht“, sagte sie. Der Entwurf sieht vor, die Landeszentrale als teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts im Geschäftsbereich des Ministeriums für Bildung und Kultur anzusiedeln.
Die CDU-Fraktion enthielt sich. Die Abgeordnete Heib bezeichnete es als „gut“, eine Gesetzesgrundlage zu geben. Sie wolle in den Anhörungen allerdings darüber diskutieren, ob die Landeszentrale für politische Bildung nicht auch beim Landtag angesiedelt werden könne. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Dörr erklärte, das „Amt für politische Bildung“ abschaffen zu wollen. Die saarländische Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) unterstrich, dass die Landeszentrale kein Amt sei: „Sie ist weisungsungebunden.“ Sie habe den Auftrag, Menschen aufzuklären und informiere vor Wahlen über alle antretenden Parteien. „Sie macht dabei keinen Unterschied“, betonte sie.