Die Zahl der Opfer von Cybermobbing in Deutschland ist einer Studie zufolge seit 2021 um mehr als 20 Prozent angestiegen. Über 7,2 Millionen Menschen sind damit schon einmal betroffen gewesen, wie das Bündnis gegen Cybermobbing am Freitag in Berlin mitteilte. Knapp jedes vierte Cybermobbingopfer (24 Prozent) würde sich sogar als suizidgefährdet einstufen. Insgesamt seien 19 Millionen Menschen (37 Prozent) schon einmal Mobbingopfer geworden.
In hohem Maße präge Mobbing bei Erwachsenen die Arbeitswelt, wo 43 Prozent der Vorfälle stattfinden. Gleichzeitig war ein Rückgang um zehn Prozentpunkte im Vergleich zur vergangenen Studie aus dem Jahr 2021 zu beobachten. Fast jeder dritte Täter habe angegeben, „aus Ärger mit der Person“ oder weil „andere das auch machen“ gehandelt zu haben. Vorgesetzte sind demnach in mehr als der Hälfte der Mobbingfälle am Arbeitsplatz als Täter oder Mittäter beteiligt.
Opfer werden zu Tätern
Cybermobbing-Vorfälle spielten sich dagegen mit 62 Prozent überwiegend im privaten Umfeld ab. Bei den Tätern handelte es sich bei beiden Mobbingformen im privaten Umfeld meist um Freunde, auch wenn dieser Täterkreis im Vergleich zur Vorstudie abnahm. Mehr Täter als vor vier Jahren kamen jetzt aus der Familie, der Nachbarschaft oder Vereinen.
Wer mobbt, wurde häufig davor selbst gemobbt: 82 Prozent der erfassten Täter waren selbst Mobbingopfer, bei den Cybermobbing-Tätern waren es zwei Drittel. Auch eine Vermischung der Mobbingformen ist zu beobachten, 86 Prozent der Opfer seien auch Opfer von analogem Mobbing geworden.
Besonders alarmierend seien die Zahlen bei den 18- bis 24-Jährigen, die überdurchschnittlich häufig von Mobbing (45 Prozent) und Cybermobbing (25 Prozent) betroffen sind. Neben jüngeren Menschen treffe es auch besonders häufig Frauen: Sie haben laut den Studienergebnissen ein 1,3-mal höheres Mobbingrisiko als Männer. Vom „klassischen“ Mobbing waren am häufigsten 25- bis 34-Jährige bereits betroffen, in dieser Altersgruppe wurde jeder Zweite schon einmal zum Opfer von Mobbing.
Kosten in Milliardenhöhe
Wenn gemobbt wird, dann vorwiegend über einen längeren Zeitraum: 45 Prozent der Attacken dauerten länger als ein Jahr an. Umgekehrt war es beim Cybermobbing, die meisten Vorfälle in diesem Bereich hielten für weniger als einen Monat an. Fast die Hälfte der betroffenen Personen klage über Persönlichkeitsveränderungen und Depressionen. Zudem beliefen sich die mit Mobbingvorfällen direkt verbundenen Krankheitsfolgekosten für Unternehmen auf rund 4,3 Milliarden Euro pro Jahr.
Als Gegenmaßnahme wünschten sich fast drei Viertel der Befragten eine schärfere Gesetzgebung, etwa in Form eines Mobbings- oder Cybermobbinggesetzes. Für den Vorstandsvorsitzenden des Bündnisses, Uwe Leest, ist zudem jeder Einzelne in der Pflicht: „Wir gemeinsam als Gesellschaft haben die Möglichkeit, dieses Problem kleiner werden zu lassen.“
Das Bündnis hat die empirische Studie eigenen Angaben zufolge nach 2014, 2018 und 2021 zum vierten Mal erhoben. Für die aktuelle Studie seien repräsentativ 2.030 Erwachsene im Alter von 18 bis 65 Jahren online befragt worden.