Friedenstreck: An der syrischen Grenze war Schluss für die Pferde
Crawinkel (epd).

Am letzten Wochenende vor Weihnachten steht Heinz Bley dann doch wieder auf seinem Hof in Crawinkel, südlich von Gotha. Den ursprünglichen Plan, die heilige Nacht in der Grabeskirche Jesu in Jerusalem zu feiern, musste er schon vor gut einem Monat beerdigen. „In Aleppo war Schluss“, sagt Bley. Syrien sei toll, die Menschen unglaublich gastfreundlich. Aber die Sicherheitslage habe es nicht hergegeben: „Seit Ende November bin ich wieder hier.“

Die Entscheidung läutete das endgültige Ende des Friedenstrecks von Berlin nach Jerusalem ein. Vor acht Monaten war die Pilgerreise ins Heilige Land mit 30 Teilnehmern und fünf Pferdekutschen gestartet. Das Ziel der bunten Truppe von Enthusiasten um den Brandenburger Pfarrer Helmut Kautz war - 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs - der Transport einer aus Waffenschrott gegossenen Glocke nach Israel.

Quer durch die Türkei

Die Probleme begannen nach 3.000 Kilometern bei der geplanten Einreise des Pferdetrecks in die Türkei. Unwillige Grenzbeamte verweigerten im September die Einreise. Die Gründe hierfür sind bis heute nicht ganz klar. In der Folge allerdings teilte sich der Treck: Pfarrer Kautz und die Mehrheit der Teilnehmer steuerte Thessaloniki an, schiffte die Pferde nach Deutschland und sich selbst samt Glocke in Richtung Israel ein.

Bley und ein kleiner Teil der Gruppe besorgten sich an der türkischen Grenze neue Pferde und machten sich ohne Glocke, aber weiterhin auf dem Kutschbock, auf den Weg nach Jerusalem. „Weihnachten“, sagte er noch Ende Oktober, „wollen wir in Jerusalem feiern.“

Rund 1.400 Kilometer legte der glockenlose Teil des Friedenstrecks noch mit den Pferden zurück, dann begannen die Probleme erst richtig. „Wir hatten eine Einladung vom syrischen Landwirtschaftsministerium“, sagt Bley. Ebenso habe er Kontakt mit der Reiterlichen Vereinigung Syriens geknüpft. Aber sie seien mehrfach darauf hingewiesen worden, dass fast alle maßgeblichen Offiziellen erst seit einem Monat im Amt waren. Niemand habe gewusst, ob die gestempelten Bescheinigungen auch tatsächlich beachtet werden. Die Gruppe beschloss zunächst, ohne Pferde und Kutschen weiterzureisen.

Übergabe in Jerusalem

Doch zuvor hatten Kautz und seine Mitstreiter Anfang November Israel auf dem Seeweg erreicht. Am 13. November übergab Pfarrer Kautz die Glocke an die Jerusalemer „Hand in Hand“-Schule, in der jüdische, christliche und muslimische Kinder gemeinsam lernen. Auch die Gruppe an der Grenze zu Syrien wurde von der Türkei aus eingeflogen, um an der Zeremonie teilzunehmen. Glücklich sei er, sagte Pfarrer Kautz dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Aber dem Frieden nachzujagen, ist harte Arbeit.“

Das merkten auch Bley und seine Mitreisenden, als sie - kurz nachdem sie nach Syrien eingereist waren - mit der harten Wirklichkeit des kürzlich befreiten Landes konfrontiert wurden. „Wir hatten eine Einladung, einen Bauernhof unweit einer Stadt im Norden Syriens zu besichtigen. Doch kurz bevor wir dorthin aufbrachen, zog der Landwirt seine Einladung zurück“, sagt Bley. Die Gegend um den Hof sei von Rebellen besetzt worden. Da entschied die Gruppe um Bley: „Das war’s. Das müssen wir nicht mehr machen.“

Großvater geworden

Am Freitag vor dem vierten Advent steht Bley in der Werkstatt seines Landwirtschaftsbetriebs in Crawinkel. Auf einem Anhänger steht ein Fass Bier, Würste brutzeln auf dem Rost. Eine kleine Weihnachtsfeier für die Angestellten. Seine fünf Pferde vom Friedenstreck sind erst vor wenigen Tagen aus der Quarantänestation in Nürnberg zurückgekommen. Sie stehen inzwischen wieder auf den Weiden vor dem Dorf, direkt neben dem großen Kreuz mit dem Schriftzug: „Jaget dem Frieden nach mit jedermann“ (Hebr. 12.14), dem Motto der Pilgerreise.

„Es war die Reise meines Lebens“, sagt Bley: Eindrücke, Kontakte und vor allem Menschen - von denen er hofft, sie irgendwann noch einmal wiederzusehen. Dass er Jerusalem mit seinen Pferden nicht erreicht habe, bedauere er nicht. Im Gegenteil freue er sich, Weihnachten in diesem Jahr in Heidelberg im Familienkreis zu verbringen: „An dem Tag, als mein Flieger in Deutschland landete, habe ich von meinem Sohn erfahren, dass ich zum zweiten Mal Opa geworden bin.“

Von Matthias Thüsing (epd)