Umfrage: Deutsche haben weniger Ängste
Berlin (epd).

Die „Ängste der Deutschen“ sind in diesem Jahr fast alle zurückgegangen. Zu den 25 in der jährlichen Umfrage abgefragten Themen hätten im Durchschnitt 37 Prozent der Befragten eine große Angst geäußert, teilte die auftraggebende R+V-Versicherung am Donnerstag in Berlin mit. Im vergangenen Jahr seien es noch 42 Prozent gewesen. Ein noch niedrigeres Angstniveau sei nur einmal seit Beginn der Umfragen 1992 geäußert worden, nämlich 2021 mit 36 Prozent.

„Die Menschen haben sich an eine Art Dauerkrise gewöhnt, der Ausnahmezustand ist zum Normalzustand geworden“, sagte die Marburger Politikwissenschaftlerin Isabelle Borucki zu den Ergebnissen. Vielleicht seien die Menschen auch optimistischer geworden. Dieser Rückgang bedeute nicht, dass die Menschen sorglos seien.

Die häufigste Sorge ist im vierten Jahr in Folge die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten. Sie wurde von 52 Prozent der Befragten genannt. In Ost- und Westdeutschland ist die Sorge gleich. Frauen äußerten sie jedoch mit 57 Prozent deutlich häufiger als Männer mit 47 Prozent. Die Teuerung sei eine täglich spürbare Sorge, die tief in das Leben eingreife, betonte Borucki.

Auf Platz zwei rangiert ebenfalls wie im Vorjahr die Furcht vor einer Überforderung des Staates durch Geflüchtete. 49 Prozent der Befragten nannten diese Befürchtung, in Ostdeutschland waren es 56, in Westdeutschland 47 Prozent. Im Westen sei die Einwanderung seit Jahrzehnten fester Bestandteil des gesellschaftlichen Alltags, betonte Borucki. Im Osten seien die Erfahrungen jünger, außerdem seien dort die wirtschaftlichen Sorgen größer. Im Langzeitvergleich ist diese Angst jedoch stark zurückgegangen. Sie liegt inzwischen 17 Prozentpunkte unter ihrem Höchstwert zur Zeit der großen Migrationsbewegung 2016.

Die Sorge vor Steuererhöhungen und Leistungskürzungen des Staates steht wie im Vorjahr auf Platz drei, sie wurde ebenfalls von 49 Prozent der Befragten geäußert. Darin komme die Erfahrung zum Ausdruck, dass der Staat in Krisen bei den Bürgern spare, sagte Borucki. Gleich dahinter folgt auf Platz vier folgt die Angst, dass Wohnen unbezahlbar wird, die von 48 Prozent geäußert wurde. Dieses Gefühl der sozialen Unsicherheit sei ein klassischer Nährboden für politische Unzufriedenheit, warnte die Politikwissenschaftlerin.

Nur eine Angst ist gegenüber der Umfrage im Vorjahr gewachsen, nämlich dass weltweit autoritäre Herrscher immer mächtiger würden. 47 Prozent der Befragten nannten sie, ein Prozentpunkt mehr als 2024. Dabei spiele der anhaltende Angriffskrieg Russlands eine Rolle, jedoch nicht nur, hieß es. Denn mehrere Regime stellten die internationale Ordnung, von der Deutschland bisher profitiert habe, infrage.

Am stärksten zurückgegangen ist in der Umfrage die Angst vor einer Spaltung der Gesellschaft. 39 Prozent der Befragten nannten sie, 2024 waren es noch 48 Prozent. Deutlich gesunken ist zudem die Angst, dass Politikerinnen und Politiker von ihren Aufgaben überfordert sind. 42 Prozent der Befragten nannten sie gegenüber 49 Prozent im vergangenen Jahr. Zwischen Ost und West gibt es einen großen Unterschied: In Westdeutschland nahmen 40 Prozent der Befragten eine Überforderung an, in Ostdeutschland 50 Prozent.