Studie über Antiziganismus bei der Polizei
Berlin (epd).

Sinti und Roma sind einem Bericht zufolge bei der Polizei häufig Vorurteilen und Diskriminierung ausgesetzt. Die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) wertete für die am Donnerstag in Berlin vorgestellte Analyse 215 Fälle aus, die zwischen 2020 und 2024 von Betroffenen gemeldet wurden.

Demnach berichten Sinti und Roma häufig, dass ihre Anzeigen von der Polizei nicht aufgenommen, Vorfälle verharmlost oder geleugnet werden. Ermittlungen gegen Polizeikräfte nach entsprechenden Beschwerden würden eingestellt, hieß es. In einigen Fällen gerieten Betroffene, die eine Anzeige erstatten, selbst ins Visier von Ermittlungen.

Tagtäglich mit Diskriminierung konfrontiert

Zudem dokumentiere der Bericht wiederkehrende anlasslose Kontrollen, unverhältnismäßige Maßnahmen und eine niedrige Schwelle zur Anwendung von Zwangsmitteln, die teils in schwere Gewalt münden, hieß es. Besonders deutlich würden Diskriminierungen durch die Polizei in der Ermittlungskategorie „Clankriminalität“ zutage treten, wo regelmäßig antiziganistische Stereotype bedient würden.

„Die Ergebnisse unseres Berichts zeigen, dass antiziganistische Diskriminierung in polizeilichen Strukturen kein historisches Relikt ist, sondern eine gegenwärtige Realität, mit der Sinti und Roma tagtäglich konfrontiert sind“, kritisierte MIA-Geschäftsführer Guillermo Ruiz: „Wer den Schutz durch die Polizei nicht in Anspruch nehmen kann, weil ihm pauschal Misstrauen entgegengebracht wird, dem werden rechtsstaatliche Garantien verwehrt. Wir fordern daher entschlossene Reformen, die institutionellen Antiziganismus klar benennen, sichtbar machen und wirksam bekämpfen.“

Kategorie „Clankriminalität“ abschaffen

Die Innenministerien und Polizeibehörden müssten die bestehenden Probleme klar benennen und gezielt gegen Diskriminierung, unverhältnismäßige Gewaltanwendung, Racial Profiling, stigmatisierende Kommunikation nach außen und Sondererfassung vorgehen, sagte Ruiz. Gefordert werde, stigmatisierende Ermittlungskategorien wie „Clankriminalität“ abzuschaffen, weil sie sich insbesondere gegen Minderheiten richte. „Nach unserer Auffassung hilft das nicht weiter“, sagte der MIA-Geschäftsführer.

Gefordert wird zudem die Anerkennung institutioneller Probleme in den Polizeibehörden, die Überarbeitung von Abläufen und der Ausbau von Schulungen und Kooperationen. Dazu gehörten verpflichtende Trainings der Polizeikräfte zu Antiziganismus und der Geschichte der Sinti und Roma und antiziganismuskritische Inhalte in der Polizeiausbildung. Weiterhin müsse es unabhängige Beschwerdestellen mit klaren Befugnissen geben.

Positivbeispiel BKA

Als Positivbeispiel nannte Ruiz die Zusammenarbeit des Bundeskriminalamtes (BKA) mit dem Zentralrat der Sinti und Roma bei diesem Thema. Hier finde ein „guter Dialog“ statt, der ein Anfang sei, das Vertrauen in die Polizei zurückzugewinnen. Auch einzelne Polizeipräsidien würden auf Kritik eingehen und nach Vorfällen das Gespräch suchen. Es gebe auch Regionen, wo es weiterhin systematisch Probleme mit dem Verhalten der Polizei gebe.

Von Markus Geiler (epd)