Angriffe auf sexuelle Minderheiten in Berlin gestiegen
Berlin (epd).

Die Zahl der Angriffe auf sexuelle Minderheiten ist laut Berliner Beratungsstelle Maneo im vergangenen Jahr weiter gestiegen. Die Beratungsstelle erfasste 2024 einen Anstieg um acht Prozent auf 738 Fälle „mit explizit LSBTIQ+-feindlichem Bezug“, wie es in dem am Montag in Berlin veröffentlichten Maneo-Report 2024 heißt.

Zusätzlich seien Gewaltfälle dokumentiert worden, die sich laut Beratungsstelle nicht gegen die sexuelle Orientierung der Betroffenen gerichtet hatten. Insgesamt hat Maneo für 2024 damit 1.081 Meldungen dokumentiert. Dies stelle einen neuen Höchststand dar.

In knapp einem Drittel der Fälle (31 Prozent) handelte es sich um einfache und gefährliche Körperverletzungen. Rund ein Viertel der Fälle betrafen Nötigungen und Bedrohungen (26 Prozent) sowie Beleidigungen (25 Prozent). Dabei geht Maneo von einem Dunkelfeld von bis zu 90 Prozent aus. Viele Betroffene hätten Vorerfahrungen von Diskriminierung und körperlicher Gewalt sowie fehlenden Beistands, hieß es zur Begründung. Dies verstärke „die Skepsis gegenüber Strafverfolgungsbehörden“.

Die meisten queerfeindlichen Übergriffe gab es im Stadtteil Schöneberg (76 Fälle), gefolgt von Neukölln (74), Kreuzberg (30), Tiergarten (23) und Spandau (21). Dabei hätten sich 165 der gemeldeten Vorfälle auf öffentlichen Straßen oder im öffentlichen Nahverkehr ereignet. Maneo kommt deshalb zum Schluss, dass die Sichtbarkeit schwuler und bisexueller Männer sowie von Lesben, Trans- und nicht-binären Personen im öffentlichen Raum für diese riskant sei.

Insgesamt 928 betroffene Personen wandten sich im vergangenen Jahr an die Beratungsstelle. In der Folge seien 1.963 Beratungsgespräche geführt worden. Dies verdeutliche den hohen Bedarf an spezialisierter Opferhilfe.

Besorgniserregend sei der Anstieg von Übergriffen auf queere Einrichtungen und Gedenkorte gegenüber dem Vorjahr um 60 Prozent auf 62 Fälle. Dabei seien Gäste auch körperlich angegriffen und Schaufenster eingeschlagen worden. „Die Sicherheitslage an Szeneorten in Berlin hat sich offenbar gegenüber dem Vorjahr nicht verbessert“, heißt es in dem Bericht.

Zudem würden Täter auch in die Szene direkt eindringen, etwa in sogenannte Cruising-Gebiete (26 Fälle), in denen sich schwule Männer zum anonymen Sex treffen. Auch in sicher geglaubten Datingportalen werde gezielt Jagd auf Schwule und Bisexuelle gemacht (27 Fälle). Um ihren Hass auszuleben, lockten die Täter ihre Opfer in Fallen, „um sie dort nicht nur auszurauben, sondern ihnen zusätzlich noch schwere Verletzungen zuzufügen“.

Die Beratungsstelle forderte vom Berliner Senat und der Politik einen besseren Schutz für queere Menschen und deren Einrichtungen. Übergriffen müsse engagierter entgegengetreten werden. Zudem müsse es wieder einen regelmäßigen fachlichen Austausch zwischen Maneo und der Polizei geben. „Wir fordern die Politik auf, präventive Maßnahmen gegen homophobe Gewalt zu intensivieren, insbesondere durch niedrigschwellige aufsuchende Arbeit vor Ort“, heißt es in dem Bericht. Zugleich verwies Maneo auf die Bedeutung der eigenen spezialisierten Hilfe und forderte deren weitere Absicherung.