Unter dem Titel „Schweigende Kirche“ hat Tilman Jeremias, Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern, zu Beginn des zweiten Sitzungstages der Landessynode der evangelischen Nordkirche seinen Sprengelbericht vorgestellt. Er meine damit nicht, dass die Kirche still sein soll, „aber wir reden nicht im ständigen Aktivismus“. Schweigen bedeute nicht den stillen Rückzug vor den Herausforderungen unserer Gegenwart, sondern eine Haltung der Empfänglichkeit für das Wort Gottes, das die Christenmenschen leitet.
„Ich wünsche mir eine Kirche, deren Rede erkennbar aus dem Schweigen kommt“, sagte Jeremias am Freitag. Damit meine er unter anderem das einander Zuhören und Achtsamkeit, etwa mit Blick auf den Klimaschutz. Gott habe uns seine Schöpfung anvertraut. Jeremias: „Ich wünschte mir manchmal, dass unser Einsatz für Klimaschutz diese Grundlage ernster nimmt.“
Jeremias bezeichnet sich selbst als einen Bischof, der zuhören möchte. Deswegen könne ihm nicht gleichgültig sein, dass viele Haupt- und Ehrenamtliche am Rande ihrer Kräfte arbeiten. „Entlastung finden wir allein in dem schweigenden Gottvertrauen darauf, dass die weitere kirchliche Entwicklung von Gott kommt.“ Jeder müsse auf jeden achten, mahnte der Bischof und ergänzte: „Wir brauchen einander mehr denn je.“
Jeremias hob das große Engagement von Ehrenamtlichen, insbesondere im ländlichen Raum, hervor. In dörflichen Gemeinden habe er Menschen getroffen, die ehrenamtlich Andachten gestalten, wenn die Pastorin krank ist. Ihnen müsse einerseits Material an die Hand gegeben werden, das sie darin stärkt und unterstützt. „Ein wesentlicher Bestandteil ist es, Ehrenamtliche zu stärken“, ergänzte der Bischof.
Zahlreiche Synodale merkten im Anschluss an den Bericht kritisch an, wie die Kirche in Anbetracht der steigenden Umfragewerte für die AfD in Mecklenburg-Vorpommern „schweigende Kirche“ sein könne. Jeremias ergänzte, dass es auch dann darum gehe erst zuzuhören. „Also anzubieten, sag Du erst Deins, aber im Anschluss sage ich auch Meins, und weise dann auch darauf hin, dass für mich alle Menschen gleich und Gottes Geschöpfe sind.“
„Bevor ich rede, nehme ich mich zurück und höre auf Gottes Stimme und auf die Stimme meiner Mitmenschen.“ Mit Blick auf die AfD sei ein großer Spagat nötig. „Es ist gut, wenn wir uns als Kirche deutlich positionieren, aber es gibt bei uns auch in den Gemeinden zahlreiche Menschen, die die AfD wählen.“ Gründe dafür seien Frust und die Kritik, dass sie nicht gehört und nicht gesehen werden.
„Für mich ist der Umgang mit der AfD nahezu täglich Thema“, sagte Jeremias. Die steigende Zustimmung für die AfD in MV bereite ihm Sorgen. „Wir müssen uns natürlich fragen, wie wir damit umgehen.“ Die Frage nach dem Umgang mit der Partei sei aber, auch nach Ansicht mehrere Synodaler, keine auf den Sprengel Mecklenburg und Pommern begrenzte Frage, sondern ein Thema für die ganze Nordkirche.