Ende einer Ära: Das Seemannshotel "Portside" ist geschlossen
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Ende einer Aera: Das Seemannshotel "Portside" ist geschlossen
Bremerhaven (epd).

Es ist still geworden in der Schifferstrasse 51 in Bremerhaven. Noch prangt an der Tür zum Seemannsheim die Inschrift „Portside“, doch die Rezeption ist verwaist. In den vergangenen Jahrzehnten haben hier zigtausende Seeleute eingecheckt. Der letzte Gast wurde bereits am 1. Dezember verabschiedet. Am 31. Dezember werden die Schlüssel an den neuen Eigentümer übergeben.

„Hier endet eine Ära“, sagt Seemannspastor und Stationsleiter Uwe Baumhauer mit ein wenig Wehmut in der Stimme. Immerhin: Sein Büro mit der Geschäftsstelle der Deutschen Seemannsmission Bremerhaven verbleibt im Erdgeschoss. Auch der Seemansclub „Welcome“ an der Nordschleuse wird sich weiter um die Seeleute kümmern.

Zu wenig Übernachtungen

Die Zahl der Gäste im „Portside“ hat in den vergangenen Jahren rapide abgenommen, sagt Baumhauer. Wurden im Jahr 2023 noch 5.240 Übernachtungen gebucht, waren es 2024 nur noch 3.670. „Angesichts dieser Entwicklung ist der Betrieb des Hotels mit den Mitteln des Trägervereins nicht mehr zu stemmen.“ Zum Vergleich: 1976 zählte das „Portside“ noch 22.500 Gäste.

Dabei sind die Heime und Hotels der Deutschen Seemannsmission weit mehr als reine Übernachtungsbetriebe, wie die Sprecherin der Mission mit Sitz in Hamburg, Stefanie Langos, erläutert. „Ihre Bedeutung kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.“ Was vor mehr als 130 Jahren als sittlicher Schutzraum für Fischer, Seeleute und Schiffsjungen begann, seien heute sozial-diakonische Zentren.

Die meisten Übernachtungen werden von den Reedereien und Agenturen für den Wechsel der Crews gebucht - nicht selten nur für einige Stunden. „Dann kommen die Leute etwa von den Philippinen mit dem Flugzeug und können sich noch ein paar Stunden bei uns ausruhen, bevor es an Bord geht“, sagt Langos.

Psychosoziale Notfallversorgung nach Unglücken

Eine weitere wichtige Aufgabe der Seemannsheime ist die Versorgung von Seeleuten nach einem Unglück: Wenn Männer oder Frauen an Bord ernsthaft erkranken, einen Unfall haben und operiert werden müssen, werden sie anschließend in den Häusern der Seemannsmission versorgt. „Das Schiff kann nicht tage- oder gar wochenlang auf die Besatzungsmitglieder warten. Das muss nach wenigen Stunden wieder ablegen und weiterfahren“, beschreibt Langos die Situation in der Seefahrt. Zur Corona-Zeit gab es allein im „Portside“ zwei Quarantänestationen, weil die infizierten Seeleute nicht an Bord bleiben durften.

Viele ehrenamtlich Engagierte

Zur Versorgung gehören auch die psychosoziale Notfallversorgung und Notfallseelsorge nach Unfällen oder Schiffsunglücken. In solchen Fällen arbeitet die Seemannsmission eng mit dem Deutschen Havariekommando in Cuxhaven zusammen. Die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden der Seemannsmission kümmern sich dann nicht nur um das leibliche und geistliche Wohl ihrer Gäste. Sie begleiten sie zu den Ärzten und kümmern sich um Behördengänge - etwa wenn es darum geht, ein Visum zu beantragen.

Die Deutsche Seemannsmission verfügt laut Langos über 16 Stationen im Inland und weitere 17 in 15 Ländern. Übernachten können die Seeleute in Hamburg, Emden, Kiel und zur Not auch in Cuxhaven, außerdem im ägyptischen Alexandria und in Douala in Kamerun. „Douala ist ein gefährliches Pflaster“, weiß Langos. Dort werden die Seeleute direkt am Schiff im Hafen von der Seemannsmission abgeholt und ins Hotel der Seemannsmission gebracht. Es bietet eine sichere Unterkunft und ein Restaurant. Übrigens: In allen Clubs und Heimen gibt es Billardtische. Denn an Bord kann man fast alles machen - aber kein Billard spielen.

Auch Seeleute gehen in Rente

Einige verbringen sogar ihren Lebensabend in den Heimen und Hotels der Seemannsmission: In Hamburg-Krayenkamp leben derzeit mehr als 20 Rentner, die ihr Leben lang zur See gefahren sind. Sie kommen aus Ghana, Indonesien, den Philippinen, aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und von den Kapverdischen Inseln, sagt Stationsmitarbeiterin Nadine Grenningloh. „Es ist eben nicht leicht, eine Familie zu gründen und zu behalten, wenn man neun bis elf Monate im Jahr auf See ist“, sagt sie.

Im Bremerhavener „Portside“ wird bald ein anderer Wind wehen. Als Hotel für Touristen - nur wenige Fußminuten vom Museumshafen entfernt - soll es seinen Namen behalten. „Aber alles andere wird smart gelöst“, sagt der neue Inhaber, Sascha Tebben. Von der Buchung bis zum Auschecken soll alles digital laufen - „ohne sichtbares Personal.“ Und wenn die Seemannsmission einmal dringend ein Zimmer benötigt, „dann kriegen wir das hin“, verspricht er. Denn Tebben hat eine ganz eigene Beziehung zum „Portside“: „Meine Großmutter hat hier früher als Putzfrau gearbeitet.“

Von Jörg Nielsen (epd)